»SHOOTING FISH«

Täuschen & Dämmwolle

Ein Trio mit Tricks

Dylan und Jez sind einfach das perfekte Paar. Der eine ein charmanter amerikanischer Sunshine-Boy, der schlagfertig und redegewand alle um den Finger wickelt, der andere ein britischer Schwiegermutterliebling, der mit treudoofem Rehaugen-Blick und einem mitleidserweckendem Pagenschnitt jeden Verdacht zerstreut. Die beiden Freunde wollen sich einen Kindheitstraum erfüllen: ein hochherrschaftlicher Landsitz im Windsor-Format soll es sein - nicht gerade ein bescheidenes Anliegen für zwei arbeitslose Mittzwanziger im rezessionsgeplagten England.
Aber an gewinnbringenden Einfällen mangelt es dem Team nicht. Sie betrügen, was das Zeug hält, und der Einfallsreichtum ihrer Tricks würde selbst Eduard Zimmermann den Atem verschlagen. So schafft es das Duo z.B. die Dachböden einer ganzen Reihenhaussiedlung mit nur einer Rolle Dämmwolle zu isolieren. Systematisch nehmen sie an allen regionalen Preisausschreiben teil, und auf die genialen Erfindungen von Jez - wie sprachgesteuerte Computer und selbstleuchtende Neonröhren - hat die Welt schon lange gewartet. Die Koffer mit dem Geld werden immer voller, als zu dem Gauner-Doppel Gorgie stößt, eine Stenotypistin aus postaristrokratischen Verhältnissen. Auch Georgie braucht Geld, auch ungefähr zwei Millionen für ein Behinderten-Heim auf dem Lande, und sie lernt schnell von den beiden Trickbetrügern. Natürlich verliebt sich Jez auf der Stelle in Gorgie, die Sache kommt aber nur schwer in Gang, weil Jez, der Technik-Tüfftler, eben doch mehr von Toastern als von Liebesdingen versteht. Dann geht auf einmal alles schief. Die Polizei kommt ihnen auf die Spur, Jez und Danny wandern für einige Monate in den Knast, dann soll die fünfzig Pfund-Note entwertet werden, die Geldkoffer wechseln die Besitzer und ob es richtig war ausgerechnet Georgie das Ersparte anzuvertrauen, weiß man auch nicht so genau.
Shooting Fish ist Junges Britisches Kino vom Feinsten. So ganz hat sich die neue Generation von dem sozialen Realismus der Älteren wie Mike Leigh oder Ken Loach nicht verabschiedet. Aber deutlich besser gelaunt kommt Stefan Schwartz' Film daher. Die Arbeitslosigkeit der Protagonisten ist nicht Ausgangspunkt für intensive Millieustudien, sondern für eine quirlige Komödie, die im Alltag verankert die Fantasie spielen läßt. Jez und Danny bewohnen ein altes Gasometergebäude, das bis an den Rand mit Jez abgedrehten Erfindungen vollgestopft ist, und das Innendekor der Räumlichkeit ist das Ergebnis einer exzessiven Ausstattungsorgie. Auch für Romantik ist gesorgt. Wo sonst sieht man noch Liebespaare die knallrot angestrahlt bei Mondschein durch die marinblaue Nacht schlendern? Dem Schauspieler-Trio schaut man gerne bei der Arbeit zu: Stuart Townsend als Jez ist zuckersüß, Dan Futterman als Dylan sehr smart und Kate Beckinsale ( Cold Comfort Farm ) als Gorgie sowieso entzückend. Shooting Fish ist bestes britisches Unterhaltungkino

Martin Schwickert