»SET IT OFF«

Gangsta-Frauen

Ein schwarzes Damenquartett raubt Banken aus

Vier Frauen aus dem falschen Teil der Stadt, Freundinnen: Stony, Tisean und Cleo arbeiten am Mülltrenn-Fließband einer Recycling-Firma, nur Frankie hat es geschafft und sitzt am Schalter einer großen Bank downtown . Bis zu dem Tag, an dem dieser Film beginnt. Da wird die Bank überfallen, von einigen Jungs, die in Frankies Nachbarschaft wohnen könnten. Und Stonys Nachbarn sind. Und weil Frankie aus Angst die Verhaltensmaßregeln bei Banküberfällen nicht befolgt, gibt man ihr danach die Schuld an dem Blutbad. Vor allem Detective Strode, ein verbitterter Bulle wie aus dem Bilderbuch. Und Frankie ist ihren Job los.
Aber dies ist Stonys Geschichte. Stony hat einen Bruder, vielversprechend, kann sein, daß er auf eine höhere Schule kommt und damit dem Ghetto entfliehen kann. Stonys Bruder hat Freunde, auch solche, die schlechten Einfluß auf ihn ausüben, Kriminelle, Dealer, einige haben gerade eine Bank überfallen und dabei ein Blutbad angerichtet. Detective Strode, der nicht nur verbittert, sondern auch verbissen ist, hat die Jungs längst ausgemacht. Am Abend, als Strode zur Festnahme schreiten läßt, ist Stonys Bruder bei den Räubern zu Besuch. Und weil Schwarze in diesem Teil der Stadt mit der Polizei besser niemals zu tun haben, versucht Stonys Bruder, sich aus dem Staub zu machen. Und weil er von hinten aussieht wie ein Bankräuber und weil Polizisten es hier vorziehen, scharf zu schießen, stirbt Stonys Bruder kurze Zeit später.
Crime doesn't pay, sagt man, aber in diesem Teil der Stadt zahlt sich offenbar auch Ehrlichkeit nicht aus. Deshalb fassen die vier Freundinnen einen Plan: sie wollen Banken überfallen, genug Geld erbeuten, damit sie endlich rauskommen. Davon handelt Set It Off : Wie die Freundinnen den ersten Überfall planen und durchführen - Spaß. Wie es beim zweiten Probleme gibt, und wie sie zum dritten praktisch gezwungen werden. Wie die einzelnen Frauen mit der Kohle umgehen, was mit ihnen passiert, wie Stony sich ausgerechnet in einen Bankfritzen verliebt. Und wie sich die ganze Geschichte zwangsläufig auf einen sehr finsteren Showdown und dann auf eins der traurigsten Happy-Endings zubewegt, so wie es sein soll: Haben die Helden einmal einen Entschluß gefaßt, gibt es kein zurück.
Set It Off ist ein Gangsta-Actionfilm mit sozialer Komponente, ein Film, der zeigt, woher die Gewalt kommt und wohin sie führt. Führen kann. Und der so tut, als sei es ihm vollkommen egal. Weil er vor allem eine sehr filmische Geschichte erzählt, verschärftes Mainstream-Kino mit etwas anderen Rollenklischees. Die Heldinnen sind schwarz und weiblich, der Gegner ist weiß und repräsentiert das System, und ihm ist gar nicht wohl dabei. Das alles in Hochgeschwindigkeit, mit wohldosierten Action-Ausbrüchen, viel Gefühl an den richtigen Stellen und einem präzisen Timing - ein bißchen wie vom Reißbrett, was nichts Schlechtes ist, weil einem diese Planmäßigkeit erst bewußt wird, wenn der Film zuende ist und man die 120 Minuten nochmal überdenkt. Was dann nochmal Extra-Spaß macht.

Jens Steinbrenner