SELBST IST DIE BRAUT

Nackter Zusammenprall

Karrierezicke und Würstchen sollen sich finden

Mitten auf dem Gehweg in Manhattan muss die Chefin in engem Kostüm und Stöckelschuhen niederknien, um ihrem Assistenten einen Heiratsantrag zu machen. Für eine echte New Yorker Karrierezicke wie Margaret Tate (Sandra Bullock) ist das die größtmögliche Erniedrigung. Aber was tut man nicht alles für eine Aufenthaltsgenehmigung. Die US-Einwanderungsbehörde droht der kanadischen Lektorin mit Abschiebung, und die Scheinehe mit dem braven Assistenten Andrew Paxton (Ryan Reynolds) ist ihr letzter Rettungsanker. So ganz willenlos lässt sich der Untergebene nicht in die Heirat hineinzwingen und fordert nicht nur seine überfällige Beförderung ein, sondern auch Gesten der Genugtuung für die jahrelange innerbetriebliche Unterdrückung.

Unter umgekehrten Vorzeichen trägt Anne Fletchers romantische Komödie den Geschlechterkampf aus, und zunächst sieht es so aus, als würde daraus eine weitere stereotype Version von Der widerspenstigen Zähmung . Aber je näher sich Vorgesetzte und Untergebener auf privater Ebene kommen, desto schwächer werden die männlichen Erniedrigungsgelüste.

Das heißt nicht, dass Selbst ist die Braut frei von Klischees operiert. Im Gegenteil: Fletcher und ihr Drehbuchautor Peter Chiarelli entwerfen ihre Screwball-Komödie streng nach Lehrbuch. Das Paar, das sich zunächst nicht ausstehen kann, wird über einen ebenso hindernisreichen wie vorhersehbaren Parcours in den Hafen wahrer Liebe geleitet.

Mit dem Besuch bei den Schwiegereltern in Alaska, die die Zukünftige ihres Sohnes herzlich in Empfang nehmen, beginnen die Gewissenskonflikte der pragmatischen Braut, die langsam auch die außerberuflichen Qualitäten ihres Assistenten entdeckt. In der beschaulichen Kleinstadt, auf dem großzügigen Anwesen der schwerreichen Schwiegereltern und vor hochromantischen Naturkulissen wird die beinharte Karrierefrau geduldig weich gekocht.

Trotz aller Vorhersehbarkeit kann man sich in hier auf mittlerem Niveau ordentlich unterhalten. Das liegt daran, dass Fletcher die Stereotypen bedient, ohne sie jedoch allzu ernst zu nehmen. Der Kitschfaktor wurde zugunsten der Komik heruntergefahren. Die Dialoge sind nicht tiefgründig, aber recht schlagfertig, und in den Slapstick-Einlagen beweist der Film einen gesunden Mut zur Albernheit. Standardszenen wie das nackte Aufeinanderprallen des noch nicht verliebten Paares werden hier mit genüsslicher Übertreibung in Szene gesetzt.

Martin Schwickert

The Proposal R: Anne Fletcher B: Peter Chiarelli K: Oliver Stapleton D: Sandra Bullock, Ryan Reynolds, Mary Steenburgen, Betty White