»NICHT SCHULDIG« The Jury
Demi Moore als Mutter mit ungeahnten Qualitäten Um etwas Abwechslung in ihren Alltag zu bringen, nimmt Annie Laird (Demi Moore) eine Berufung als Geschworene in einem Mordprozeß an. Dabei hat sie eigentlich mit ihrem Tagesjob und ihrem zwölfjährigen Sohn Oliver (Joseph Gordon-Levitt) genug um die Ohren. Abends baut sie Skulpturen, die unter Holzkisten verborgen, also nur ertastbar sind. Sie kommt nicht einmal zum Zeitunglesen, gesteht sie im Gerichtssaal, wo die Jury ausgewählt wird. Im Publikum sitzt der gewiefte Vincent (Alec Baldwin). Der vor allem unter dem Namen "Der Lehrer" bekannte Killer hat den Auftrag, wenigstens ein Jurymitglied zu einem "Nicht schuldig" zu zwingen und so den mit eindeutigen Beweisen angeklagten Mafia-Boß Louie Boffano (Tony Lo Blanco) freizubekommen. Annie beeindruckt nicht nur den Richter, wegen ihrer Leidenschaft und Stärke entscheidet sich auch der Lehrer für sie. Er nutzt die Zeit, in der sie Oliver von seiner Tagesmutter abholt, dringt, mit modernster Technik ausgerüstet, in ihr Haus ein, scannt persönliche Unterlagen, Fotos und Adressen in seinen Computer ein und installiert ein Überwachungssystem. Über ihre Kunstwerke nimmt er Kontakt zu ihr auf und gewinnt mit verbindlichem Charme schnell ihr Vertrauen. Und zeigt dann sein wahres Gesicht. Aus Angst um Olivers und ihr Leben gelingt es Annie tatsächlich, die Jury an Boffanos Schuld zweifeln zu lassen. Jeder Versuch, Hilfe zu bekommen, wird von dem Lehrer unerbittlich bestraft. Gleichzeitig versichert er ihr, sie nach dem Freispruch zu beschützen, denn auch ihr Wissen kann tödliche Folgen haben... "Annie tastet sich in ihrem Leben langsam voran. Sie ist ein bißchen chaotisch und verwirrt. Das kann man am Beispiel ihrer Skulpturen sehen", faßt der Autor der Romanvorlage George D. Green seine Absicht zusammen, "Sie hat ebensowenig Antworten wie irgendwelche philosophischen Rezepte parat. Und dann ist da der ,Lehrer', der glaubt, er habe den Schlüssel zum Universum. Diese Leute empfinde ich als gefährlich." Das ist das Faszinierende an Nicht schuldig : die Konfrontation der beiden Hauptfiguren. Der ,Lehrer' weckt in Annie Kräfte, von denen sie selber nichts ahnt, unterschätzt aber die Willensstärke, mit der sie ihm gegenübertritt. Die raffinierte Handlung spielt also kaum im Gerichtssaal, sondern in Annies privater Umgebung, die von dem ,Lehrer' völlig vereinnahmt wird. Interessanterweise wird auch das übliche Unschuldig-Beschuldigt-Thriller-Schema ins Gegenteil verkehrt. Für die Leinwand wurde der Psychothriller von Ted Tally, der für das Das Schweigen der Lämmer -Drehbuch mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, adaptiert und von Brian Gibson inszeniert. Der gebürtige Brite Gibson gab sein Regie-Debut 1980 mit Breaking Glass . Als er angeboten bekam, Poltergeist II zu drehen, siedelte er nach Kalifornien über. Neben Fernsehproduktionen arbeitete er zuletzt an der Tina Turner-Biographie "What's Love got to do with it".
Frank Woicke
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