SCHÖNHEIT

Zupf mich, schneid mich

Eine Doku über die Herstellung netter Oberflächen

Wir gefallen uns nicht. Wir wollen anders sein. Wir wollen zu unseren Autos passen und wenn wir in den Wellness-Urlaub fahren, lehnen wir Gesichtsbehandlungen ab, weil wir uns dazu abschminken müssten.

Carolin Schmitz hat für ihre Dokumentation einen ungewöhnlichen Ansatz gefunden. Ohne Kommentar, ohne Musik, ohne Hintergrundinformationen begleitet sie einfach Frauen und Männer bei ihren Versuchen, schöner zu leben, und lässt sie einfach reden. Da streicheln etwa zwei ansehnliche junge Frauen auf einem Autosalon an den perfekten Karosserien herum und finden den Seitenhalt beim Crysler nicht so komfortabel wie beim BMW. Da quält sich ein mittelalter Herr mit seinem Fitness-Coach, da führt eine Bankkauffrau ihren riesigen Schuhschrank vor, in dem alle Stücke irgendwie gleich aussehen.

Alle Protagonisten scheinen nicht einem aufgezwungenen Schönheitsideal zu folgen, sondern einem inneren Bild von sich nachzueifern. Um mit sich glücklich zu sein. Nur eine vormals dicke Frau bemerkt nach der Magenband-Operation und mehreren Hautlappen-Reduktionen, dass sie früher eigentlich zufriedener war.

Auch Ärzte kommen vor und erläutern vom Schlupflid bis zur Vaginalunterspritzung, was alles möglich ist. Blutigen Details fehlen meistens, es gibt keine Schockbilder. Es wird auch niemand als hässliches Entlein oder Opfer skrupelloser Schlächter vorgeführt. Am Ende sitzen nur zwei ansehnliche Menschen in einem ansehnlichen Auto, das auf Knopfdruck in einem komplizierten Ballett sein Verdeck abhebt, einklappt und verschwinden lässt. So sind wir.

Wing

D 2011. R + B: Carolin Schmitz K: Hajo Schomerus