DAS SCHMUCKSTÜCK

Frauenpower

Wenn zu Beginn des Films Catherine Deneuve, die unangefochtene Grande Dame des französischen Kinos, in einem knallroten Trainingsanzug äußerst vornehm hechelnd durch den Wald joggt, weiß man sich von der ersten Filmminute an gut aufgehoben.

Mit Das Schmuckstück kehrt der französische Filmemacher François Ozon nach langen Jahren wieder auf das Terrain der Komödie zurück. Angesiedelt ist die Geschichte in den frühen siebziger Jahren. Madame Suzanne Pujol (Deneuve) führt als Gattin eines Regenschirmfabrikanten ein an Herausforderungen recht armes Leben in verschwenderischem Reichtum. Joggen, ein wenig Poesie und das Personal bei der Hausarbeit beobachten - mehr traut der überzeugte Patriarch Robert (Fabrice Luchini) seiner Frau nicht zu.

Pujol regiert seine Regenschirmfabrik mit eiserner Hand, aber in den siebziger Jahren lassen sich die Arbeiter nicht mehr als Leibeigene behandeln. Bei einem Wilden Streik nimmt das undankbare Proletariat den Boss als Geisel, und Suzanne übernimmt gemeinsam mit dem kommunistischen Bürgermeister und ehemaligen Verehrer Maurice Babin (Gérard Depardieu) die Verhandlungen.

Nachdem Pujol aus den Klauen der aufmüpfigen Arbeiterschaft befreit ist, bekommt der herzkranke Fabrikant erst einmal für ein paar Wochen Bettruhe verordnet und Suzanne übernimmt die Leitung des Betriebes. Innerhalb kürzester Zeit hat die patente Fabrikantengattin den sozialen Frieden im Werk wieder hergestellt und den Umsatz mit einer erweiterten Produktpalette gesteigert. Als der Alte jedoch vom Krankenlager zurückkehrt, erkämpft er sich mit intriganten Mitteln wieder die Macht in der Firma. Das Schmuckstück ist ein feministisches Lustspiel, wie es so leicht, unverkrampft und kokett nur François Ozon zustande bringen kann. Nahtlos knüpft er hier an seinen Erfolg von 8 Frauen an und lässt die Filmgeschichte kräftig mitatmen. Die Deneuve ist als entspannte Matriarchin, die ihr Hausfrauendasein nonchalant abschüttelt und ohne Quotenregelung nach der Macht greift, einfach nur köstlich, und die Wiederbegegnung zwischen ihr und Depardieu eine augenzwinkernde, aber vollkommen unsentimentale Hommage an die guten, alten Zeiten der Nouvelle Vague.

Deneuves Madame Pujol ist alles zuzutrauen und wenn sie am Ende sagt "Ihr seid alle meine Kinder. Ich bin eure Mama. 30 Jahre lang habe ich den Haushalt von Monsieur Pujol geführt. In ein paar Wochen habe ich seine Fabrik geordnet. Warum soll mir das nicht auch mit Frankreich gelingen?" dann sind ihr die Wählerstimmen des Kinopublikums schon gewiss.

Martin Schwickert

Potiche F 2010 R&B: François Ozon K: Yorick Le Saux D: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini