ABOUT SCHMIDT

Lachen über die Leere

Jack Nicholson wird pensioniert


Das Interview zum Film

Der Sekundenzeiger kriecht auf Fünf-Uhr zu. Dann ist für Warren Schmidt (Jack Nicholson) Feierabend. Und zwar endgültig. Sein halbes Leben hat der gelernte Statistiker in dem fensterlosen Büro eines Versicherungskonzerns in Omaha, Nebraska verbracht. Die Lobhudeleien von Chef und Belegschaft bei der Abschiedsfeier erträgt er mit eingefrorenem Gesicht und flüchtet sich schließlich für einen Wodka an die Bar. Schmidt ist einer der Männer, von denen nichts übrig bleibt, wenn man ihnen die Arbeit wegnimmt. "Wer ist diese alte Frau, die in meinem Haus wohnt?" fragt Warren nach 42 Ehejahren in sich hinein und findet, wie immer, keine Antwort auf seine Fragen.
Wenige Filmminuten später liegt die Frau tot am Boden neben dem Staubsauger. Nach der Beerdigung versinkt Schmidt in Trauer, Selbstmitleid und später auch im Hausmüll. Dann steigt er in das überdimensionale Wohnmobil, das die Eheleute sich für den Lebensabend angeschafft hatten, und fährt los. Ziellos zunächst und später Richtung Denver, um dort die Hochzeit seiner Tochter mit einem nichtsnutzigen Wasserbettverkäufer zu verhindern.
Alexander Paynes About Schmidt ist eine Komödie über die Leere im Leben. Das ist eigentlich eher eine tragische Angelegenheit, aber Payne ist kein Regisseur, der die Gefühle seiner Figuren mit dem dicken Pinsel aufträgt. In Hollywood wird der filmische Emotionspegel regelmäßig übersteuert. Payne hingegen dimmt ihn gezielt herunter und eröffnet den Blick wieder für die Nuancen des Gefühls.
Jack Nicholson wurde gegen den Strich und gerade deshalb optimal besetzt. Nicholson hat in seiner Karriere vom Psychiatriepatienten über einen amoklaufenden Schriftsteller bis hin zum senilen Stadtneurotiker alle Varianten des Exzentrikers durchbuchstabiert. Während Schauspieler wie Robert De Niro und Gene Hackman sich im Alter auf ihren Pfründen ausruhen, reißt Nicholson mit 65 Jahren das Ruder noch einmal herum und beweist Mut zum Risiko, jenseits seines eingefahrenen Typenprofils. Mit Hingabe verschreibt er sich der Rolle des Normalos, der seinen Halt im Leben verliert, und verzichtet dabei gänzlich auf das bewährte Nicholsonsche Overacting. Sein Herz schüttet Schmidt regelmäßig in Briefen an ein ihm unbekanntes afrikanisches "Patenkind" aus, das er mit 22 Dollar im Monat sponsert. Die Geste ist ebenso lächerlich wie berührend. Alexander Payne ( Election ) blickt auf die Figur mit knochentrockener Ironie, ohne sie für ein paar billige Pointen zu verraten. Bruchlos überführt er seine einfühlsame Charakterstudie in ein herzhaft schräges Roadmovie, in dem sozialer Realismus und das absurde Theater des Lebens nah beieinander liegen.

Martin Schwickert

USA 2001 R&B: Alexander Payne B: Jim Taylor K: James Glennon D: Jack Nicholson, Hope Davis, Dermot Mulroney