»BEGEGNUNG DES SCHICKSALS«

Doppelt betrogen

Harrison Ford und Kristin Scott Thomas sollen sich lieben

Auch ein Harrison Ford kommt in die Jahre. Zu oft war er schon als bierernster Held in Sachen Gerechtigkeit und Vaterlandsrettung unterwegs und nach Filmen wie Airforce One dachten selbst eingefleischte Fans über eine sozialverträgliche Vorruhestandsregelung nach. Sydney Pollacks Begegnung des Schicksals bietet nun einen unauffälligen Übergang in weniger schweißtreibende Genre-Gebiete an. Action-Veteran Ford bewegt sich hier als Ermittler der polizeilichen Dienstaufsicht zunächst auf gewohntem Terrain. Aber weniger der Beruf, als die eigenen, privaten "Internal Affairs" stehen im Zentrum der Geschichte.
In einer langgezogenen Eingangssequenz stellt der Film zunächst zwei völlig getrennte Lebenswelten an einem Morgen in Washington D.C. vor. Dutch Van Den Broeck (Harrison Ford) führt eine glückliche Ehe und ein routiniertes Polizistenleben, während sich die Kongresskandidatin Kay Chandler (Kristin Scott Thomas) ganz den Termingeschäften ihrer Wahlkampagne widmet. Der Cop und die Politikerin sind enger miteinander verbunden, als sie es ahnen. Am gleichen Tag kommen Dutchs Frau und Kays Ehemann bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, alle Indizien sprechen unmissverständlich dafür, dass die beiden eine Liebesaffäre hatten. Während sich Dutch als gehörnter Witwer in detektivische Ermittlungsarbeit stürzt und jedes Detail des Ehebetruges ans Licht bringen will, vertuscht Kay die außereheliche Beziehung ihres Gatten vor sich selbst und der skandalhungrigen Presse. Erst als Dutch mit ihr Kontakt aufnimmt, beginnt auch für die kühle Karrierefrau eine schmerzvolle Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Im Zuge gemeinsamer Trauerarbeit fallen die beiden irgendwann von einem erotischen Anfall geschüttelt über einander her. Danach beginnt das handelsübliche Hüh und Hott, in das Hollywood-Liebespaare im fortgeschrittenen Alter regelmäßig hineingetrieben werden. Ob die beiden nun die große Liebe entdecken oder einfach nur gute Freunde werden, ist eine Frage, die man als Zuschauer mit dramatisch sinkendem Interesse verfolgt.
Nach einem vielversprechenden ersten Akt, in dem Regieroutinier Sidney Pollack seine Erzählfäden in Form einer 45minütigen Parallelmontage elegant miteinander verknüpft, verliert das romantische Drama schon bald an Fahrt. Selbst illustre Ausflüge nach Miami und lebensgefährliche Schusswechsel helfen der Geschichte nicht über den Berg.
Harrison Ford und Kristin Scott Thomas erweisen sich unübersehbar als amouröse Fehlbesetzung. Zwischen der statuenhaften Schönheit und dem bärbeißigen Knautschgesicht kommt es zu keinerlei nachweisbaren chemischen Reaktionen. Im Zuge ihres leidenschaftslosen Geplänkels bleibt auch der angestrebte psychologische Tiefgang schon bald auf der Strecke.

Martin Schwickert