SAW

Sägewerk
Zwei Männer im Keller - ein Thriller-Debut der härteren Sorte

Während Filmhochschulabsolventen hierzulande noch in die Richtung des kleinen Fernsehspiels schielen, hat man anderswo auf der Welt den Horrorfilm als Sprungbrett für den großen Erfolg entdeckt.
Der australische Jungregisseur James Wan und sein Drehbuchautor (und Hauptdarsteller) Leigh Whannell mögen bei der Arbeit an ihrem Erstlingswerk Saw durchaus an Karrieremacher wie Open Water, Cabin Fever und natürlich The Blair Witch Project gedacht haben; das Endresultat entpuppt sich jedoch eher als sadistisch-spielerische Mischung aus seven, Memento und einem Computer-Rollenspiel.
Zwei Männer, Dr. Lawrence Gordon (Cary Elwes) und Adam (Whannell), wachen in einem offensichtlich länger nicht benutzten Keller auf, gekettet an entgegengesetzte Ecken des Raumes und ohne die geringste Ahnung, wie sie dort gelandet sind. Zwischen ihnen liegen ein toter Mann, eine Pistole und ein Diktiergerät - und zumindest letzteres wirft einen Funken Licht auf ihre missliche Lage: Gordon, so die Stimme auf dem Band, hat acht Stunden Zeit, um sich zu befreien und Adam umzubringen; sollte er dies nicht schaffen, werden seine Frau und seine Tochter die Konsequenzen tragen müssen.
Während Gordon und Adam nun ihr Bestes tun, um sich zu befreien, erzählt uns der Film anhand von Rückblenden ein wenig mehr über ihren Peiniger - einen unbekannten Killer, der seine Opfer in prekäre Situationen bringt, die sie nur mit äußerster Willenskraft überleben können. Während die Uhr im Hintergrund erbarmungslos tickt, bewegt sich die Handlung auf einen Höhepunkt zu, bei dem auch der Titelgegenstand eine Rolle spielen könnte: der Killer hat seinen beiden Gefangenen netterweise zwei Sägen dagelassen, mit denen sie ihren schweren Fußfesseln zwar kaum etwas anhaben können; weicherem Material wie etwa Knochen sollte man mit ihnen aber durchaus beikommen können.
Wan und Whannell haben mit Saw eine gekonnte Mischung aus Serienkiller-Thriller und Realityshow von morgen hingelegt, die ihr Genre gekonnt bedient und gelegentlich sogar bereichert. Was allerdings vor allem erstaunt, ist die Besetzung des angeblich für 1,2 Millionen US-Dollar hergestellten Films: bis auf Leigh Whannell, der seine erste Hauptrolle erstaunlich routiniert ausfüllt, ist der Film bis auf die kleinste Nebenrolle hin mit etablierten Schauspielern vollgestopft, deren addierte Gehälter den knappen Budgetrahmen eigentlich schon sprengen müssten. Danny Glover (Lethal Weapon), Cary Elwes (Hot Shots), Dina Meyer (Starship Troopers) und Monica Potter (Im Netz der Spinne) geben sich hier die Klinke in die Hand und legen die Vermutung nahe, dass die beiden Newcomer einen ziemlich heißen Draht in die obersten Etagen von Hollywood haben müssen.
Während Horror-Fans ihre wahre Freude haben werden, muss man die an dieser Stelle übliche Warnung für Zuschauer mit schwachen Nerven diesmal besonders betonen, da der Film ohne die bei größeren Hollywood-Schockern üblichen Zugaben von Humor, Sex oder einer eingestreuten Love-Story auskommen muss; stattdessen konzentriert sich der Film auf wenige, meist dunkle Drehorte, knappe Dialoge und sadistische Spiel- und Folterszenarien. Gerade die Abwesenheit von solch buntem Verpackungsmaterial ist es aber, die Saw zu einem so direkten, originellen Kinovergnügen werden lässt, dass sich mit weitaus teureren Produktionen messen kann.

Karsten Kastelan
USA 2004. R: James Wan. B: James Wan, Leigh Whannell K: David A. Armstrong D: Cary Elwes, Leigh Whannell, Danny Glover, Ken Leung, Dina Meyer