SALVADOR

Der letzte Gefangene

1974 wurde in Spanien der revolutionäre Kleingauner Salvador Antich hingerichtet

In Hans Weingartners Die fetten Jahre sind vorbei spielte Daniel Brühl den jungen Rebellen, der in die Villen von Berliner Bonzen einbrach. In Julie Delphys 2 Tage in Paris hatte er einen kurzen Auftritt als militanter Globalisierungsgegner. Und nun ist Brühl in der spanischen Produktion Salvador in der Rolle des jungen Anarchisten Salvador Puig Antich zu sehen, der Anfang der Siebziger bewaffneten Widerstand gegen das Franco-Regime leistete.
Antich wurde 1974 als letzte politischer Gefangener Spaniens hingerichtet und nach dem Tode Francos ein Jahr später zur Symbolfigur des Widerstandes. Aber der Film von Manuel Huerga entwirft kein revolutionäres Heldenporträt, sondern macht sich im ersten Teil auf die Suche nach den rebellischen Zeitgeist im Spanien der 70er-Jahre und zeichnet in der zweiten Hälfte ein genaues Bild über das Selbstwertgefühl und die Ängste des Verurteilten, der im Gefängnis seiner Hinrichtung entgegensieht. Die anarchistische Organisation MIL, der sich Salvador als junger Student anschließt, verrichtet ihr revolutionäres Handwerk hauptsächlich in Form von Banküberfällen, deren Beute in Robin Hood-Manier an streikende Arbeiter weitergeleitet wird. Es ist eine Mischung aus Abenteuerlust und politischem Bewusstsein, das die jungen Rebellen antreibt. Die Franco-Diktatur geht mit unnachgiebiger Härte gegen den Widerstand vor, und als Salvador nach einer Schießerei wegen Polizistenmordes verhaftet wird, steht sein Todesurteil schon vor der Militärgerichtsverhandlung fest. Daniel Brühl spielt den naiven, beseelten Revoluzzer genauso glaubwürdig wie die tragische Figur des politischen Gefangenen. Der Film stilisiert seinen Protagonisten nicht zum Märtyrer, sondern zeigt den jungen Kämpfer als sehr menschliche, widersprüchliche und in ihren Überzeugungen sehr hartnäckige Figur. Die bittere Erkenntnis, dass Antich eigentlich erst durch seinen Tod zur Symbolfigur wurde, während sich die spanische Öffentlichkeit damals nur zurückhaltend für den politischen Gefangenen einsetzte, kommt in Huergas Porträt etwas zu kurz.

Martin Schwickert

Sp/GB 2006 R: Manuel Huerga B: Lluís Arcarazo K: David Omedes D: Daniel Brühl, Tristán Ulloa, Leonardo Sbaraglia