Rush

Immer im Kreis

Als Sport und Party noch zusammengingen: Ron Howards Blick auf den Rennzirkus der 70er

Es ist nur ein kleiner Sarg umgeben von verbleitem Benzin. Mehr oder weniger eine Bombe auf Rädern" - mit diesen zärtlichen Worten beschreibt James Hunt seinen Formel-1-Wagen, mit dem er den Weltmeistertitel gewinnen will. Damals starben pro Saison im Schnitt zwei bis drei Fahrer auf dem Weg zum Sieg, und 1976 war einer der dramatischsten Jahrgänge der Renngeschichte. Ron Howard (Frost/Nixon) geht in Rush nun der Faszination für den geschwindigkeitssüchtigen und todesmutigen Sport auf den Grund und zeichnet ein Doppelporträt von zwei Fahrern, die gegensätzlicher nicht sein könnten.

Chris Hemsworth spielt den britischen Rennfahrer James Hunt, einen bekennenden Playboy und echten Pistenteufel, der vor allem durch seinen riskanten Fahrstil punktet. Daniel Brühl schlüpft in die Rolle des Österreichers Niki Lauda - eine Ikone des Formel-1-Sports, der bei einem Unfall am Nürburgring 1976 schwerste Verbrennungen erlitt und sich kaum sechs Wochen später wieder in seinen Ferrari setzte.

Lauda ist alles, was Hunt nicht ist. Ein begabter Taktiker und Techniker, der jedes Gramm an seinem Wagen durchgerechnet hat und weder raucht noch trinkt, während Hunt sich mit zahllosen Boxenludern, immer ein Glas Champagner in der Hand, vor den Kameras präsentiert. Für Lauda ist der Tod ein Risiko, dass er in seinen Kalkulationen zu minimieren versucht. Hunt ist ganz der Adrenalin-Junkie, der sich vor jedem Rennen übergibt und dann umso fester aufs Gaspedal tritt.

Mit den beiden Antipoden haben Ron Howard und sein Drehbuchautor Peter Morgan (The Queen) einen optimalen Antrieb gefunden für einen Rennsportfilm, der sich der ritualisierten Sportfilmdramaturgie, die den Helden über Rückschläge zum Triumph führt, entzieht und hineintaucht in die psychische Beschaffenheit der Fahrer, die sich auf völlig unterschiedliche Weise dem lebensgefährlichen Risikosport aussetzen. Das macht den Film auch für bekennende Formel-1-Banausen interessant.

Darüber hinaus trumpft Rush mit hervorragend inszenierten Rennsequenzen auf, die jeweils mit einer unterschiedlichen visuellen Textur versehen werden.

Mit viel Liebe zum Zeitkolorit widmet sich Howard auch der Ära der wilden 70er, die unterstützt von einem zünftigen Rock-Soundtrack hier aus der Boxenperspektive ihre ganz eigene Coolness entwickeln können und verweist auf eine Zeit , in der Leistungssport und Hedonismus nicht als Widerspruch empfunden wurden.

Der eigentliche Schatz des Films ist jedoch Daniel Brühl in der Rolle des grantelnden Niki Lauda. Mit seiner ruhigen, präzisen Darstellung des Eigenbrötlers stiehlt er dem blendend aussehenden Hemsworth ganz unangestrengt die Show.

Martin Schwickert

USA/D/GB 2013 123 min R: Ron Howard D: Peter Morgan K: Anthony Dod Mantle D: Chris Hemsworth, Daniel Brühl, Alexandra Maria Lara, Olivia Wilde, Pierfrancesco Favino