»REPLACEMENT KILLERS«

Liebevoll durchsiebt

Auch Hongkong-Star Cow Yun-Fat ist in Hollyxwood angekommen

Das beste zuerst: Replacement Killer s ist der erste Hollywood-Film, in dem Til Schweiger mitspielen darf. Wenn unser Til in schwarzem Ledermantel aus dem Flughafen-Gate heraustritt, um als supercooler Hitman hier in L.A. klar Schiff zu machen - das dürfte in deutschen Kinosälen sicherlich zu unkontrollierten Lachkrämpfen führen. Die Script-Schreiber hatten ein Einsehen und lassen ihn diologlos durch das Set stapfen. Reden darf Schweiger nicht (vielleicht macht er noch einen Englischkurs), aber ballern darf er, und das so richtig mit großkalibrigem Gerät. Aber eigentlich ist Replacement Killers ja das Vehikel für einen ungleich wichtigeren auswärtigen Star.
Chow Yun-Fat heißt der Mann. Eine Action-Ikone des Hongkong-Kinos und in Asien bekannter als Arnold Schwarzenegger. Überhaupt hat der eher schlacksig gebaute Chow Yun-Fat alles, was Arnold fehlt: gutes Aussehen, Charme, Eleganz und eine angenehm melancholische Ausstrahlung. Man vergleicht ihn gerne mit dem jungen Alain Delon zu Zeiten des "Eiskalten Engels". Hiesige Hongkong-Video-Konsumenten werden Chow Yun-Fat vor allem aus den John-Woo-Klassikern kennen: In A better Tomorrow , The Killer und Hardboiled spielt er markant den verletzlichen Helden. Vielleicht werden die Filmhistoriker in zehn Jahren vom Kino der Hongkong-Emigranten sprechen. Die Top-Regisseure der ehemaligen britischen Kronkolonie verdienen längst ihr Brot in Hollywood: John Woo ( Face Off ), Tsui Hark ( Double Team ), Ringo Lam ( Maximum Risk ). Ihnen folgen nun die Schauspiel-Stars: Jackie Chan hat inzwischen seinen zweiten Film mit US-Geld realisiert, die Action-Heroine Michelle Yeoh verdingte sich weitgehend unterfordert als Bond-Girl in
Replacement Killers ist ein etwas unentschlossenes Hongkong-Hollywood-Gemisch. Als Regisseur hat man Video-Clip-Schüler Antoine Fuqua engagiert, der hier das erste Mal für die große Leinwand inszeniert. Die Story erinnert deutlich an die Gangsterballaden aus der britischen Kronkolonie. Chow Yun-Fat spielt den unfreiwilligen Killer John Lee. Seine Familie wird von den Triaden in der fernen Heimat gefangengehalten, und so ist der Emigrant Lee gezwungen, für die chinesische Mafia in den USA heikle Mordaufträge auszuführen. Als der rachsüchtige Triaden-Boß Mr.Wei (Kenneth Tsang) ihn erneut anheuert, um den kleinen Sohn des rechtschaffenen Cops Zedkov (Michael Rooker) in dessen Armen zu erschießen, bricht Lee mit seinem Auftraggeber und nimmt den Kampf allein gegen die Mafia auf. Unfreiwillig wird die Paßfälscherin Meg Coburn (Mira Sorvino - Mighty Aphrodite ) zu seiner Komplizin.
Mira Sorvino als lederbekleidete resolute Punk-Göre und Chow Yun-Fat als feingliedriger Held wider Willen bilden ein amüsantes Leinwandduo, und zusammen ballern sie sich durch diese Standardgeschichte. Chow Yun-Fat überzeugt wie immer durch beidhändiges Schießen in Zeitlupe im freien Flug, auch wenn das in den Woo-Originalen besser aussah. Regisseur Fuqua bemüht sich aufrichtig, mit schnellen Schnittfolgen und erbaulichen Dauergefechten ein wenig Hongkong-Styling in seinen Film hineinzubekommen. Zum Showdown wird die hübsche China-Town-Kulisse liebevoll durchsiebt. Dennoch werden Freunde des Hongkong-Films von Replacement Killers natürlich enttäuscht sein. Die Schnelligkeit, die Eleganz und die überschwengliche Freude an der Zerstörung fehlen auch dieser Hollywood-Adaption. Trotzdem weckt Replacement Killers die Hoffnung, daß das US-Action-Kino vielleicht in Zukunft unter dem Einfluß von Hongkong-Emigranten einiges von seiner Schwerfälligkeit und starren Konventionalität verlieren wird.

Martin Schwickert