Remedy

Switched

Ein beachtliches Debut über die New Yorker BDSM-Szene

Über Humor verfügt Regisseurin und Drehbuchautorin Cheyenne Picardo ganz gewiss. Im Abspann ihres Films Remedy taucht der obligate Hinweis, dass bei der Produktion keine Tiere zu Schaden gekommen seien, in leicht abgewandelter Form auf. "No animals were harmed in the making of this film - unless they begged for it.", steht da.

Neben Humor verfügt Picardo auch über Erfahrungen als professionelle Switcherin. Das ist jemand, der bei BDSM-Spielen mal die dominante und mal die submissive Rolle einnimmt. Auf eben diesen Erfahrungen basiert Picardos Debütfilm Remedy. Darin geht es um eine junge Frau, die eher zufällig Teil der BDSM-Szene New Yorks wird. Auslöser ist die Bemerkung eines Freundes, dass SM nichts für sie sei. Um das zu widerlegen, nimmt sie Kontakt zu einem professionellen SM-Studio auf und lässt sich in einem Crash-Kurs Abläufe, Geräte und Regeln zeigen und erklären. Ausziehen und Sex mit Kunden ist tabu, schließlich ist Prostitution in den USA (außer in Nevada) verboten. Unter dem Namen Mistress Remedy verdingt sie sich als Sexarbeiterin in dem Studio.

Episodenhaft erzählt der Film von den Begegnungen Remedys und welche Gefühle das bei ihr hervorruft. Manche Kundenwünsche und Szenen sind skurril und komisch. Ihr erster Kunde will beispielsweise eine Zahnbehandlung unter Narkose. Ein anderer möchte gefesselt werden. Leider halten Remedys Knoten nicht, und so zeigt ihr der Kunde, wie man es richtig macht. Am Ende liegt sie verschnürt am Boden. Ein anderes Mal unterhalten sich Remedy und eine erfahrene Kollegin über die Arbeit während sie Zigaretten auf dem Rücken eines Kunden ausdrücken. Andere wollen beschimpft und mit Spanking bestraft werden.

Nach einiger Zeit fühlt Remedy sich bereit, auch als Sub zu arbeiten. Das bringt mehr Geld, denn dabei dürfen die Kunden ihre Fantasien an ihr ausleben. Sie bekommt es jetzt aber mit Fantasien und Wünschen zu tun, auf die sie keineswegs vorbereitet ist. Die irritierenden und verstörenden Erfahrungen hinterlassen Spuren. Remedy ist weder eine reißerische, provozierende Präsentation abseitiger Fantasien und Vorlieben, noch eine erotische Hochglanzproduktion. Optisch wirkt der Film fast dokumentarisch, auch wenn in einer Szene gekonnt Splitscreen zum Einsatz kommt. Das Studio und die Räume in denen Remedy und ihre Kolleginnen ihrer Arbeit nachgehen, sehen wenig glamourös sondern recht schäbig aus. Neben der Entwicklung, die Remedy durchläuft, geht der Film auch der Frage nach, ob es professionelle Dominanz oder Unterwürfigkeit überhaupt geben kann.

Mit Kira Davis hat der Film eine tolle Hauptdarstellerin, die laut Picardo kein Erfahrung im SM-Bereich hatte. Davis spielt ihre Figur erfrischend glaubwürdig. Offen und neugierig wagt sie sich auf fremdes Terrain. Sie ist klug, macht auch Fehler, neigt zu Selbstüberschätzung und ist am Ende von ihren Erfahrungen völlig überfordert. Picardo inszeniert das ohne Wertung, stets aber überzeugend.

Olaf Kieser

USA 2013 R & B: Cheyenne Picardo K: Serena Kuo, Matthew Van Doren D: Kira Davis, Ashlie Atkinson, Júlia Ubrankovics, Melissa Roth, Rachel Soll. 120 Min