»DAS RELIKT« Mahlzeit!
Eine Gruselpartie durch den Museumskeller So ein naturhistorisches Museum ist schon eine prima Kulisse für einen Fantasie-Thriller. Weite Ausstellungshallen, riesige Dinosaurierskelette und endlose unterirdische Katakomben garantieren bei geschickter Lichtführung schon im Vorfeld ein gewisses Mindestmaß an Grauen. Dazu im Seitenflügel Laboratorien, in denen Wissenschaftler bis tief in die Nacht an der Erforschung des Menschengeschlechtes arbeiten: die begrenzeten Lichtkegel der Schreibtischlampen, das beständige Blinken der Meßinstrumente, dunkle verlassene Flure. Zweifelsfrei ist die Location das grauenspendende Hauptkapital von Peter Hyams neuen Horrorstückchen Das Relikt - Museum der Angst . In Chicago bereitet man sich auf eine große Ausstellung zum Thema Aberglaube vor. Eines der Exponate, eine südamerikanische Steinfigur der unguten Gottheit Kothoga, scheint seine unheilbringede Kraft über die Jahrtausende nicht eingebüßt zu haben. Blutrünstige Morde erschüttern wenige Tage vor der Eröffnungs- und Sponsorengala den Museumsalltag. Eine Bestie treibt in den endlosen Kellergewölben zwischen Kanlisation und Heizungsrohren ihr Unwesen. Der abergläubige Lieutnant Vincent D`Agosta (Tom Sizemore) und die junge Evolutionsbiologin Dr.Margo Green (Penelope Ann Miller) nehmen mit den vereinten Kräften von Wissenschaft und Polizeigewalt den Kampf gegen das Ungetüm auf. In guter alter Alien-Tradition bekommt man das Monster in der ersten Kinostunde kaum zu sehen, dafür aber das eindrückliche Ergebnis seiner Arbeit. Kothoga hat nämlich sehr unschöne, einseitige Essensgewohnheiten und ernährt sich allein von Hypothalamus, dem Teil des Gehirns, der für die Hormonproduktion des Körpers zuständig ist. D.h. konkret: Kopf abreißen und Hirn rauspuhlen. Sieht schon eklig aus, wenn der abgetrennte Kopf auf dem Obduktionstisch liegt. Aber eben auf so unrealistische Weise eklig, wie diese Dinge nur im Film aussehen können. Irgendwie wartet man darauf, daß der Maskenbildner von der Seite ins Bild hereinspringt, seinen Namen nennt und seine Tante grüßt. Stattdessen liefert eine betagte Obduktionsärztin ihre Diagnose ab, und die Detailgenauigkeit ihres Berichtes holt das erlebte Grauen wieder auf den Boden der Fiktion. Nur um Mißverständnissen vorzubeugen: Das Relikt ist kein besonders raffiniert gearbeitetes Genrestück. Etwas lieblos wurde hier die Geschichte zusammengestückelt, die Szenen in holprigen Schnittfolgen aneinandergereiht. In gleichförmiger Wellenbewegungen wird der Spannungsbogen geführt. Ruhige Phasen, in denen die Ermittlungen vorangetrieben werden, wechseln sich mit lautstark untermalten Auftritten des Monsters ab bis schließlich das Böse in einem flammenden Finale mit zünftiger Massenhysterie besiegt werden kann. Aber zum Glück nimmt Regisseur Peter Hyams die Angelegenheit nicht allzu ernst und kommentiert den erlebten Schrecken mit ironischen Seitenhieben auf die Gesetzmäßigkeiten des Horrorgenres. Immer wieder gibt der Film mit rasender Handkamera und bedrohlichen Klängen falschen Alarm. Auch Lieutenant D'Agosta, dessen Ermittlungen von dem Verlust des Sorgerechtes für seinen geliebten Hund überschattet werden, wird erst gar nicht als glaubwürdiger Held aufgebaut. Das sind Kleinigkeiten, meinetwegen auch nicht besonders einfallsreich, aber sie retten den Film vor dem Pathos der Ernsthaftigkeit, der Filmen wie Dante's Peak das Genick bricht und machen aus dem "Museum der Angst" eine vergnügliche Gruselpartie.
Martin Schwickert
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