UNTER DEM WOLFSMOND

Blut im Hut

Rotkäppchen zu dritt im Wald, mit Mann und Monster

Die dunklen Jahre unter 16 sind zurück. Zwar brauchen Teenager heute keine Märchen mehr, um die Verwirrung der Gefühle in Herz und Hose symbolisch zu bewältigen, aber das jugendfreie Kino leckt genüsslich an der Wunde, die Twilight in die Sexualaufklärung schlug. Nach mehreren pubertierenden Vampiren kamen gerade pubertierende Aliens und ein pubertierendes Biest, die allesamt mit wenig Blut auf der Leinwand und ein paar Hormonen im Skript etwas Geheimnis in den Spaß zurückbringen wollen.

So auch Catherine Hardwicke, die nach ihrem Debüt mit 13, einem realistischen Teenie-Porträt, und dem gelungenen ersten Teil der Twilight-Trilogie nun die ungefähr hundertste Rotkäppchen-Variante zwischen frech und verfudelt in den Schnee setzt.

Nur am Anfang herrscht Sonnenschein, wenn Valerie (Amanda Seyfried) im Voice Over erklärt, es habe sie schon immer in den Wald gezogen, fort von ihrem mittelalterlichen Dorf. Wir sehen ein kleines Mädchen, das mit ihrem Freund im Grünen spielt, ein süßes Kaninchen fängt, und ihn abenteuerlustig dazu animiert, ihm den Hals durchzuschneiden. Schnitt.

Jahre später ist das Dorf tief verschneit und Valerie noch immer in den Naturburschen Peter verschossen, aber ihre Familie hat eine Ehe mit dem netteren Henry aus besserem Hause arrangiert. Der liebt sie sehr, ist aber zu wohlerzogen, um dem Nebenbuhler etwas anzutun. Heranwachsendenprobleme, Dörfleralltag.

Der wird plötzlich dramatisch, als ein in der Gegend seit Jahren marodierender Wolf plötzlich nicht mehr mit dem regelmäßigen Opfer eines süßen Ferkels zufrieden ist, sondern Valeries Schwester tötet. Die ergrimmten Bewohner greifen zu den Dreschflegeln, erschlagen einen Wolf und feiern eine wilde Party, bei der alle Masken tragen und erste Geheimnisse sichtbar werden. Valeries Mutter hatte mal was mit einem anderen Mann, Valeries Großmutter ist Julie Christie, und der tote Wolf ist nicht der böse Wolf. Das erklärt Gary Oldman, der als priesterlicher Dämonenjäger mit einem schwertschwingenden SWAT-Team und einem eisernen Elefanten als Foltermaschine die Unbarmherzigkeit der Inquisition ins Dorf bringt.

Es schneit weiter. Und alle rätseln, wer denn der Wolf sein könnte, der bei Tag in Menschengestalt unter uns wandelt und beim nächsten Vollmond wieder einen Menschen reißen wird.

Mit vollen Händen verteilt Hardwicke Hinweise auf Peter, Henry, Mutter, Großmutter, Vater und den Inquisitor selbst. Der benimmt sich wie der schiere Teufel in seinem Zorn und will die mittlerweile als Hexe bezichtigte Valerie an den Werwolf verfüttern. Henry und Peter planen, voller Misstrauen gegeneinander, Valeries Rettung. Die Großmutter guckt rätselhaft, der Vater guckt verwirrt, jeder tuschelt etwas mit jedem. Und im Kino fragen sich alle, was eigentlich der eiserne Elefant da soll und wie der Staat den Apparat in das entlegene, dauerverschneite Dorf gekriegt hat.

Amanda Seyfried macht große Augen zu dem Durcheinander und sieht gut aus in ihrem roten Umhang auf weißem Grund. Von dem frechen Mädchen am Anfang ist aber nichts übrig geblieben. Es kommt erst ganz am Ende zurück, wenn der Wolf, der zwischendurch telepathisch zu ihr in Rätseln sprach, endlich in Menschengestalt den ganzen Plot enthüllt und den Drehbuchschreiber als Pfeife entlarvt.

Wing

Red Riding Hood. USA 2011. R: Catherine Hardwicke B: David Leslie Johnson K: Mandy Walker D: Amanda Seyfried, Virginia Madsen, Billy Burke, Shiloh Fernandez, Julie Christie, Gary Oldman