DER RÄUBER Der schnelle Überfall Die wahre Geschichte eines kriminellen Adrenalinjunkies Gleichmäßig, aber zügig läuft der Mann im Kreis herum. Die Kamera folgt ihm halbnah aus der Mitte heraus, schweift hinweg über die Köpfe anderer Menschen, die sich langsamer bewegen, und vergrößert ihren Bildausschnitt erst, als das Hupsignal ertönt. Es ist ein Gefängnis und der Hofgang ist zu Ende. Drinnen in der Zelle läuft Johann Rettenberger (Andreas Lust) weiter auf einem Laufband mit dem Gesicht zum Licht, das diffus durch das vergitterte Fenster dringt, getrieben vom unstillbaren Drang nach Bewegung. Auch als Johann nach sechs Jahren aus dem Knast heraus kommt, läuft er weiter durch die Stadt, die Wiener Wälder und die Berge. Nichts kann ihn stoppen. Schon wenige Tage nach der Haftentlassung steht er wieder mit der Pumpgun in der Hand und einer Maske über dem Gesicht in einer Bank. Dabei geht es ihm nicht nur um das Geld, sondern vor allem um den Adrenalinkick und die gesteigerte Laufleistung, die auf der Flucht freigesetzt werden. Abends speichert er die Daten aus seiner Pulsuhr ab und kann auf dem Computerbildschirm genau sehen, wo die Herzfrequenz nach oben geschnellt ist. Der Räuber beruht auf einem der spektakulärsten Fälle der österreichischen Kriminalgeschichte. Monatelang lieferte sich Johann Rettenberger, der im Sportteil der Zeitungen als Marathonläufer gefeiert wurde, unerkannt immer wildere Verfolgungsrennen mit der Polizei. Bis zu drei Überfälle am Tag hat der manische Bankräuber begangen. Benjamin Heisenberg zeichnet den Suchttäter wie ein getriebenes Tier. Dabei geht es ihm nicht um Erklärungen und Psychologisierungen, sondern um die nüchterne Beschreibung eines menschlichen Phänomens. Die Nähe zur Figur wird hergestellt, ohne Sympathien für sie wecken zu wollen. Fernab aller Identifikationsmuster spielt Andreas Lust den Läufer mit kühler Präzision und einer ungeheuren körperlichen Präsenz, der man sich nicht entziehen kann. In langen ruhigen Einstellungen beobachtet die Kamera die stoische Figur, die auch gegen die eigene innere Leere anzurennen scheint, und bricht dann wieder mit ihr auf zu atemberaubenden Verfolgungsjagden, deren Dynamik auch den Zuschauerpuls nach oben schnellen lässt. Martin Schwickert D/A 2009 R: Benjamin Heisenberg B: Benjamin Heisenberg, Martin Prinz K: Reinhold Vorschneider D: Andreas Lust, Franziska Weisz, Markus Schleinzer
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