»RAINBOW«

Innovatös

Neue Technik, schlechter Film

Dieser Film ist ein Ereignis, ein Meilenstein, eine Wegmarke in der Entwicklung der Kinotechnik. Ein Leistungsbeweis der Firma Sony, deren "Digital High Definition" (DHD) hier zum ersten Mal bei der Produktion eines Kinospielfilms zum Einsatz kommt. Ein Digital-Film, nicht wie Toy Story computergeneriert, sondern mit einem digitalen Videosystem aufgenommen. Also kein Film, sondern ein Video. "Allein aus Distributionsgründen wurde das Material für die Kinoauswertung auf 35mm Technicolor-Film umkopiert", ist in der Presseinformation zu lesen. Und das Ereignis ist, daß man es nicht sieht. Rainbow sieht aus wie ein Film, und jeder, der mal auf Film umkopiertes Videomaterial gesehen hat, wird meine Begeisterung verstehen. Die Auflösung ist hoch, die Bilder sind klar und scharf, die Farben sind brillant. DHD hat zwei Vorteile: Erstens wird das Verfahren, wenn es sich einmal durchgesetzt hat, die Produktionskosten für niedriger budgetierte Spielfilme senken, und zweitens kann das bespielte Material direkt weiter bearbeitet werden: Spezialeffekte noch und nöcher. Herrliche Aussichten für unabhängige Filmemacher mit schmalen Geldbörsen! Deshalb wird Rainbow vielleicht in die Filmgeschichte eingehen, und nur deshalb. Als Film ist Rainbow nämlich... nunja, einfach indiskutabel. Sehenswert nur für Technik-Freaks, die mit eigenen Augen sehen wollen, daß sie keinen Unterschied sehen.
Rainbow handelt von einigen Kindern, die das Ende eines Regenbogens finden. Am Anfang wird gesagt, daß die Regenbögen dank ihrer prismatischen Kraft der Welt die Farbe geben. Oder so ähnlich. Besagte Kinder jedenfalls werden in einen Regenbogen gesogen, schweben dort ein bißchen herum, und eins von Ihnen greift sich drei der dort herumschwirrenden Goldstückchen und steckt sie ein. Worauf der Regenbogen die jungen Leute fallen läßt. Sie landen in einem Maisfeld. Ein kinderfeindlicher Sheriff (wirklich schlecht: Dan Aykroyd) bringt sie zum Flughafen, sie fliegen heim, und alles könnte in Ordnung sein, aber die Welt beginnt sich zu verändern. Die Farben werden stündlich fahler, die Menschen unleidlich und krank. Das kommt, weil der Pubertierende mit seiner Goldentnahme das "Gleichgewicht gestört" hat. Die Goldstücke müssen also zurückgebracht werden.
Rainbow ist pädagogisch und politisch überkorrekt, reißt beinahe jedes Problem unserer Gesellschaft zumindest an, bietet gute Ratschläge und Lösungsmöglichkeiten. Als hätte ein Pädagogikstudent ohne Berufserfahrung, von dramaturgischen Kenntnissen ganz zu schweigen, das Drehbuch geschrieben. Zudem schauerlich synchronisiert, lieblos gespielt und uninspiriert inszeniert. Letzteres tut uns wirklich leid, denn Rainbow ist die zweite Regiearbeit eines unserer Lieblingsschauspieler: Bob Hoskins. Der hatte zwar mit seinem Erstling Raggedy Rawney keinen kommerziellen Erfolg, der Film war aber toll. Wir haben also auch hier etwas Tolles erwartet. Schade. Was bleibt, ist eine technische Innovation und die Hoffnung, daß sie irgendwann für gute Filme benutzt werden wird.

Jens Steinbrenner