RACHELS HOCHZEIT Schwestern Jonathan Demme stürzt sich in die Verstrickungen einer ganz normalen Familie Der Film heißt Rachels Hochzeit , aber eigentlich dreht sich alles um die jüngere Schwester Kym (Anne Hathaway). Die ist ein Junkie und hat ein paar Tage aus der Entzugsklinik frei bekommen, um an der Trauung der älteren Schwester teilzunehmen. Im Haus der Eltern tummeln sich Verwandte, Freunde und Musiker, die schon einige Tage vorher angereist sind. Die Atmosphäre ist fröhlich und scheinbar entspannt. Kym wird mit erstaunten Blicken, aber herzlich begrüßt. Sie ist das unangefochtene "enfant terrible" der Familie. Als sie mit dem Auto der Eltern zum verordneten Treffen der örtlichen "Anonymen Alkoholiker" fahren will, quält sich der Vater mit dem Fahrverbot für die Tochter, deren Unfallstatistik die Versicherung schon mehrfach in die Höhe getrieben hat. Kym läuft Sturm gegen die familiäre Überbesorgtheit und buhlt gleichzeitig mit effektvollen Auftritten um Aufmerksamkeit. Rachel (Rosemarie DeWitt) hat mehr als genug vom Border-Line-Verhalten ihrer Schwester und will wenigstens an ihrer Hochzeit die Aufmerksamkeit der Familie, die ihr Kym ein Leben lang entzogen hat. Mit Rachels Hochzeit wirft sich Regisseur Jonathan Demme ( Das Schweigen der Lämmer ) mitten hinein in den familiären Mikrokosmos und schält langsam und präzise die Konfliktstrukturen heraus. Mit der Handkamera folgt der Film den Figuren im überfüllten Haus, entdeckt immer neue Facetten der ineinander verschränkten Gefühle, beobachtet manchmal scheinbar nur die Dynamik der Hochzeitsvorbereitungen im multikulturellen Trubel und gräbt sich dann wieder hinein in die intimen, traumatischen Erinnerungen der Familie. Demmes Erzählstil und emotionale Intensität erinnern an Thomas Vinterbergs Dogma-Meisterwerk Das Fest . Allerdings fällt die Analyse der Familienstrukturen weniger bitter aus und verzichtet vollkommen auf einfache Schuldzuweisungen. Mit aufrichtiger Zuneigung blickt der Film auf seine Figuren, aber das heißt nicht, dass er sie sentimental verklärt. Das gilt vor allem für Kay, für die Anne Hathaway all ihr Prinzessinnen-Image, das sie sich in romantischen Komödien wie Bride Wars oder Plötzlich Prinzessin aufgebaut hat, entschlossen über Bord wirft. Demme ist ein tief berührendes Familienporträt gelungen, das nichts gemein hat mit harmoniesüchtigen Verklärungsmechanismen, mit denen Hollywood das Thema üblicherweise verhandelt. Martin Schwickert Rachel Getting Married USA 2008 R: Jonathan Demme B: Jenny Lumet K: Declan Quinn D: Anne Hathaway, Rosemarie DeWitt, Bill Irwin
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