»TURBULENZEN« Lotsenleben
Eon Film über Männer, die grüne Pünktchen anstarren Wenn wir wirklich etwas zu sagen haben, so müssen wir schweigen, ist die Meinung Maurice Maeterlincks, eines Spezialisten für den kunstvollen Einsatz des Schweigens im Drama. Ihm hätte Turbulenzen gefallen. Manch ein Darsteller hat mit hundert Worten nicht die Hälfte der Leinwandpräsenz wie Billy Bob Thornton, ohne ein Wort zu sagen. "Irgendwie interessant" ist im Film oft der vage Kommentar zu dem stillen Neuen im Kreise der New Yorker Fluglotsen. So einer macht sich keine Feinde, sollte man meinen, doch einer nimmt Anstoß an dem faszinierenden Wesen des geheimnisumwitterten Fremden. Er fühlt sich von den kleinen Macken seines Kollegen herausgefordert und steigert sich in eine eifersüchtige Rivalität hinein, die die kuriosesten Blüten treibt. John Cusack spielt Nick The Zone Falzone, den bisher unumstrittenen Champion im Blechdoseschubsen. Die Protagonisten in diesem Film glauben, sich beweisen zu müssen, weil ihr Job ständig für ein Kinderspiel gehalten wird: Den ganzen Tag grüne Pünktchen auf einem Monitor anstarren. Pushing Tin widmet sich den Fluglotsen, die sonst in Filmen keine Namen, geschweige denn eine Geschichte haben, die immer im Schatten der Piloten stehen. Mike Newell schafft es mit cleveren visuellen Einfällen, uns ihre Gedankenwelt zu eröffnen. Wir befinden uns in der Darstellung der Flugzeuge auf dem Schirm, oder wir sehen die Gesichter der Protagonisten durch den Schirm hindurch, als säßen wir dahinter. Spannungsgeladene Atmosphäre entsteht hier, und das ohne die große Katastrophe, die sich drehbuchtechnisch vielleicht angeboten hätte. Wie Nick Falzone dann seiner persönlichen Katastrophe entgeht und seinen Realitätssinn wiederfindet, macht soviel Spaß, dass dem Film die kitschigen zehn Minuten am Schluß verziehen seien.
Manuela Brunner
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