DIE PURPURNEN FLÜSSE 2

Wirrer Jesus

Jean Reno jagt Mönche im Supermarkt

In Die purpurnen Flüsse hatte es Kommissar Niemans (Jean Reno) mit einem dubiosen Internat in den Alpen zu tun, das perfekte Menschen züchtete. Story wie Atmosphäre waren stimmig, genauso wie die Dialoge zwischen den Hauptdarstellern - das waren noch Zeiten. Im Sequel versucht Regisseur Olivier Dahan (mit Luc Besson als Drehbuchautor), den ersten Teil (Regie: Mathieu Kassovitz) zu toppen, und was viel versprechend anfängt, geht zum Schluss doch nach hinten los.
In einem Lothringer Kloster schlägt ein Mönch einen Nagel in seine Zimmerwand, woraufhin Blut aus der Mauer quillt. Der Fall wird Niemans zugeteilt, der eine eingemauerte Leiche in der Wand entdeckt. Der Tote wird identifiziert als Mitglied einer Sekte, die auf einem Bild aussieht wie Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl. Währenddessen läuft Niemans neuem Assistenten Reda aus heiterem Himmel ein Mann vors Auto, der aussieht wie der Sohn Gottes. Reda bringt den Jesus mit Schusswunde ins Krankenhaus, wo dieser Wortfetzen vom Ende der Welt ausspuckt. Als Reda ihn später vernehmen will, begegnet er einem gesichtslosen Mönch auf der Flucht aus dem Krankenzimmer. Reda heftet sich an seine Fersen, hat aber gegen die Superkutte keine Chance. Zurück in der Klinik trifft Reda auf Niemans, beide hören Jesus nun von gebrochenen Siegeln und den Engeln der Apokalypse stammeln.
Von nun an arbeiten sie mit Hilfe der Bibelspezialistin Marie (Camille Natta) zusammen, denn die Morde häufen sich und auffälligerweise hatten alle Opfer die Berufe der zwölf Apostel. Bis Niemans und Reda den fiesen Heinrich von Garten (Christopher Lee) und sein Gefolge dabei erwischen, wie sie das "Buch Gottes" stehlen wollen und es zum Showdown kommt, fließt noch Blut in rauen Mengen, und die Logik fließt mit.
Spätestens ab der Hetzjagd im Supermarkt scheint sich der Wille, einen nachvollziehbaren Handlungsstrang zu verfolgen, bei Dahan und Besson verflüchtigt zu haben. Und die bösen Nazis als Übeltäter sind auch keine wirkliche Innovation. Wenn sich Niemans und Reda unterhalten, wirkt das eher quälend als witzig ("Ich habe meinen Hund nach dir benannt." - "Wieso, sieht er mir ähnlich?" - "Er hat deinen Blick.").
Aber am meisten nerven natürlich die Wirren des letzten Filmdrittels. Der halluzinierende Krankenhaus-Jesus erfüllt keinen dramaturgischen Zweck, und auch die banale Auflösung passt nicht zum mysteriösen Aufbau der Story. Logique perdue - wer sich gerne mal im Kinosessel zurücklehnt, um sich an ästhetischen Bildern und coolen Verfolgungsjagden zu erfreuen, ist hier richtig. Und für alle, die jetzt irgendwas nicht so ganz verstanden haben: meine Schuld ist es nicht!

Michaela Sommer

Les Rivières Pourpres 2 - Les anges de l'apocalypse. F 2004. R: Olivier Dahan. B: Luc Besson. K: Alex Lamarque. D: Jean Reno, Benoit Magimel, Christopher Lee, Camille Natta, Augustin Legrand