DER TEUFEL TRÄGT PRADA
Fussmatte Redaktionsassistentin ist kein schöner Job, nicht mal in einem Glamour-Magazin
Der Teufel hat ein neues Gesicht. Nämlich das von Meryl Streep. Mit silberblondem Haar sitzt sie als Chefredakteurin des führenden Modemagazins Runway auf dem Thron und schleudert in leiser Diktion ihre Anordnungen wie Giftpfeile heraus. Die lauernde Gefahr ihres Auftretens lässt die Angestellten verängstigt durch die Flure huschen, als hätte man einen Hai in einen Goldfischteich geworfen.
Ohne Zweifel ist dies die beste Rolle seit Jahren für Meryl Streep, gerade weil sie konsequent gegen den Strich besetzt wurde. Ohne ihre herzerfrischend kalten Auftritte würde David Frankels Modewelt-Komödie Der Teufel trägt Prada in sich zusammenfallen wie ein kaltes Soufflee. Der Film beruht auf dem Bestseller-Roman von Lauren Weisberger, die hier in fiktionalisierter Form ihre eigenen Erfahrungen als Assistentin bei Vogue verarbeitet hat.
Anne Hathaway spielt die Ich-Erzählerin, die nach dem Abschluss an einem Provinz-College nach New York zieht, weil sie sich zu Höherem als zur Redakteurin eines Lokalblattes berufen fühlt. Über eine Arbeitsvermittlung bekommt Andy ein Vorstellungsgespräch bei Runway. Die an Mode vollkommen uninteressierte Provinzgöre kriegt die Stelle als Assistentin der Chefredakteurin - ein Job, wie die Kollegen immer wieder betonen, für den Millionen Frauen morden würden.
Ihre neue Chefin Miranda Priestly (Streep) ist nicht nur eine unumschränkte Herrscherin in der Modebranche, sie ist auch eine Vorgesetzte, die die ganze Klaviatur firmeninterner Unterdrückungsmechanismen beherrscht. Mit Vorliebe vergibt sie an ihre Assistentinnen unerfüllbare Aufträge. Den Kaffee möchte sie nicht in, sondern am besten vor fünf Minuten serviert haben. Irgendwann schickt sie Andy los für ihre Kinder den neuen Harry-Potter-Band zu besorgen. Nicht den, der in den Buchläden liegt, sondern den, der noch gar nicht gedruckt wurde.
Obwohl Andy unter den täglichen Demütigungen leidet, erliegt sie langsam den Anziehungskräften des Glamourbetriebes. Der Polyacryl-Pullover landet im Müll und die edlen Designer-Kostümchen aus der firmeneigenen Kleiderkammer umhüllen nun ihren diäterprobten Körper. Schließlich boxt die gute Andy sogar ihre Kollegin aus dem Reisestab und begleitet Miranda zur Prêt-à-Porter nach Paris.
Weil sich Regisseur David Frankel und Drehbuchautorin Aline Brosh McKenna dem bürgerlichen Entwicklungsroman sehr verpflichtet fühlen, kann man sicher sein, dass die junge Heldin gereift und gestärkt aus den charakterlichen Prüfungen hervorgeht. Der Teufel trägt Prada kann nicht mit Prêt-à-Porter, Robert Altmans bissiger Satire auf die Modeindustrie, mithalten, bietet aber für alle Sekretärinnen, Assistentinnen und nicht-leitenden Angestellten Seelentrost im täglichen Krieg am Arbeitsplatz.
Auch wenn der Film im Vergleich zum Roman die Figur der despotischen Chefredakteurin weniger drastisch und deutlich differenzierter gezeichnet hat, wird Meryl Streeps Miranda als sadistische Führungspersönlichkeit und eiskalter Engel der Macht noch lange in Erinnerung bleiben. Mit Verve und Präzision gibt Streep ihrer Figur eine vollkommene, kühle Beherrschtheit, ohne billige Karrierefrauen-Klischees zu bedienen.
Martin Schwickert
The Devil Wears Prada USA 2006 R: David Frankel B: Aline Brosh McKenna K: Florian Ballhaus D: Meryl Streep, Anne Hathaway, Stanley Tucci
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