»POSTMAN«

Capra mit Muli

Kevin Costner führt das Postmonopol wieder ein

Es wäre zum Brüllen, wenn es nicht so lächerlich wäre. Und um ein Haar hätte eine Highbrow-Satire daraus werden können, wenn die schiere Länge (und Blondheit) nicht zur Folter würde. Mit einem anderen Schauspieler natürlich unter einem anderen Regisseur. Obwohl: wenn K.C. anfangs den Schmierenkomödianten gibt, hat das durchaus Züge von Selbstironie. Und wenn er am Ende, schon fast zum neuen Heiland geworden, das Schicksal der freien Welt in einer Schulhofprügelei entscheidet ... nun ... ich weiß nicht ... ist Costner der Capra des ausgehenden Jahrtausends? Oder eher als unzustellbar zu behandeln?
Am Beginn des nächsten jedenfalls zieht er, einsam und namenlos, nur von einem trickreichen Muli begleitet, durch die verwüstete USA; schnorrt und schwindelt sich so durch; spielt den versprengten Überlebenden eines von rechts entfachten Bürgerkriegs Bildungsschnipsel vor (Shakespeare, natürlich). Nach einem jahrelangen atomaren Winter regnet es zum ersten Mal. Ein Löwe spielt mit einer Blechbüchse. Die Atmosphäre riecht biblisch. Und die Musik schwillt und schwallt bedeutend dazu.
Ein postapokalyptischer Tyrann aber betreibt in der Gegend eine Faschisten-Miliz, in deren Dienste der Hallodri gepreßt wird. Alle sehen aus, wie die Rebellen aus Star Wars, alle gucken sich zur Seelenpflege nach des Tages Schlachten alte Filme in einem provisorischen Open Air Kino an (Universal Soldier buh, Schmachtwestern yeah) - auch wenn Preston Sturgess sowas schon vor Jahrzehnten präziser gemacht hat amüsierts.
Costner entkommt. Auch einem Löwen. Klaut dem Skelett eines Landbriefträgers Uniform und Posttasche. Schwindelt sich jetzt als angemaßte Amtsperson durch ... und bringt so unwillentlich die Botschaft des wiederauferstehenden Staates zu den Verzweifelten. Plötzlich nähen sich landesweit Teenager (und ein Vietnam-Veteran - ein all american team halt) Sternenbanner und U.S.Mail-Embleme auf die Jacken, schwören heilige Eide auf den freien Fluß der Information, lassen sich für die vollständig erfundene Zukunftshoffnung vom Pony-Express schießen ... und eigentlich soll Kevin nur zögernd und durch die Begeisterung seiner Jünger in die Rolle des Erlösers sich drängen lassen. Nur kann er das einfach nicht darstellen. Und schon der Produktionsaufwand (einige der größten Sets der Filmgeschichte) erstickt den Ansatz zu absurdem Theater im Stoff (dem einzigen bisher unübersetzten SF-Roman von David Brin).
Überzeugend immerhin: die Nebenhandlung, in der sich der angehende Held von einer starken Frau (Olivia Williams' Leinwanddebüt) zum Jagen tragen lassen muß. Leider verpudeln Drehbuch (zwei Autoren, was immer ein schlechtes Zeichen ist) und Regie im weiteren auch ihre Rolle. Und ersetzen eh durchweg Epik durch unkonzentrierte Abschweifung.
Oder hat Kevin selbst das Ende als Reprise auf sein inszenatorisches Debüt angelegt? Die böse, negerhassende, separatistische Miliz und die guten, blauen, unionistischen Briefträger stehen sich hochbewaffnet hoch zu Roß gegenüber - und Kevin reitet, mutigmutig, die Front der Feinde ab. Um dann deren Chef (Will Patton, der als Mischung aus Hitler und Käptn Nemo eine sehr gute Figur macht) in eine finale Duellrauferei zu verwickeln. Man würde brüllen mögen über die freche und eher anti-politische, Subtilität.
Wenn wenigstens der Schluß nicht wäre. Kevin ist längst tot, aber seine Tochter enthüllt vor den neuen Honoratioren einer neuen USA sein Denkmal: Kevin in Bronze, im vollen Galopp, wie er einem Lassie-Timmy-Typen zustellungshalber den Brief aus der Hand nimmt. Costners schauspielerische Leistung ist mit diesem röhrenden Hirschersatz adäquat wiedergegeben. Was aber, wenn das Absicht gewesen wäre?

WING