PERSEPOLIS

Mit wenigen Strichen

Marjane Satrapis satirische Comics über ihre Kindheit im Iran

Die Schah-Diktatur, die iranische Revolution, die Auswüchse des fundamentalistische Mullah-Regimes, der Krieg zwischen Iran und Irak und die Probleme der Emigration - Comic-Zeichnerin Marjane Satrapi gelingt es, die wechselvolle Zeitgeschichte ihres Landes in schlichte Formen zu bringen. In Persepolis erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend im vor- und nachrevolutionären Iran und im Exil.

Genau wie die Comic-Vorlagen überzeugt auch der Film durch die Kunst der Vereinfachung. Die Zeichnungen bestehen aus wenigen geschwungenen Strichen und Flächen. Dialoge und Kommentare sind knapp und mit lakonischem Humor formuliert. Die Perspektive ist von der radikal subjektiven Sicht eines Kindes geprägt, das in die Mühlen der Zeitgeschichte gerät.

Marji ist ein aufgewecktes Mädchen, das in einem liberalen familiären Klima aufwächst. Der Sturz des Schahs ist für die 8jährige ein großes Abenteuer, die politischen Konflikte der Erwachsenen werden unter den Kindern durch Straßenkeilereien ausgetragen.

Mit der Machtübernahme der Mullahs lernt Marji die lebenswichtige Unterscheidung zwischen dem öffentlichen und den privaten Leben.

Wenn die Revolutionswächter, die Familie, die gerade von einer Feier kommt, anhalten und eine Hausdurchsuchung ansteht, schleicht sich Marji schell in die Wohnung, um alle Alkoholvorräte ins Klo zu kippen. Punk- und Heavy-Metal-Musik kauft das Mädchen heimlich auf dem Schwarzmarkt. Als der Krieg gegen den Irak sich verschärft und Teheran aus der Luft bombardiert wird, schicken die Eltern ihre Tochter zu Verwandten nach Österreich.

Sehr humorvoll setzt Satrapi diesen pubertären Kulturschock in Szene und erzählt mit verschmitzter Distanz vom schwierigen Prozess des Erwachsenwerdens zwischen grundlegend verschiedenen Welten.

Ihr Blick führt in beide Richtungen immer wieder in die Satire, in Teheran, wo Musikkassetten von "Iron Maiden" und Kim Wilde in absurder Konspiration gehandelt werden, genauso wie in Wien, wo für die Mitschülerinnen die Wahl des Lippenstiftes zum existenziellen Problem wird. Dazwischen gibt es immer wieder Szenen von Trauer, Abschied und Verlust, die einem in ihrer emotionalen Klarheit das Herz zerreißen.

Der schlichte Zeichenstil, die farbliche Beschränkung auf Schwarz-, Weiß- und Grautöne, die einfachen pointierten Sätze stehen hier in produktivem Kontrast zur Bandbreite der formulierten Gefühle und der Differenziertheit, mit der Satrapi auf politische Verhältnisse und kulturelle Unterschiede blickt.

Martin Schwickert

R&B: Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud


Das Interview zum Film