PERRY RHODAN - UNSER MANN IM ALL Der Sternenstaubsauger Der deutsche Weltraumheld wird 50 und schenkt sich eine goldene Uhr Der Weltraum, unendliche Weiten. Langsam schiebt sich aus den Pixelwolken der Bielefelder Animagic-Maschinen ein 5 Kilometer langer Kauknochen über den Mond und landet auf der Erde des Jahres 5056, der aktuellen Handlungszeit der längsten und breitesten Romanheftserie aller bekannten Universen. Dann lässt der Filmautor Hartmut Kasper sich selbst als Perry Rhodan-Autor Wim Vandemaan in einem selbstgebastelten Astronautenanzug in Köln aus dem Zug klettern und gleich am nächsten Kiosk ein PR-Heft kaufen. So wie Woche für Woche 80.000 deutschsprachige Terraner und einige zigtausend Japaner, Brasilianer, Niederländer und andere Hilfsvölker. Am Anfang waren es ein paar tausend weniger, in den 80er Jahren waren es, mit zeitweise fünf parallel erscheinenden Auflagen, Taschenbüchern, Nebenserien und Hardcover-Versionen einige Kilotonnen mehr. Am 8. September 1961 begann das Phänomen im Bahnhofsbuchhandel. Die Berliner Mauer war gerade errichtet, die Antibabypille kam auf den Markt, die Sowjetunion stationierte Raketen auf Kuba. Da landete der deutschstämmige Astronaut Perry Rhodan, der seinen Namen vom TV-Anwalt Perry Mason und dem japanischen Kino-Monster Rodan hat, auf dem Mond des fiktiven Jahres 1971, trifft dort eine schöne Außerirdische und gründet mit ihrer Hilfe und überlegener Waffentechnik auf der Erde die Dritte Macht. Die verhindert den Atomkrieg auf der Erde und schießt sich mit weniger schönen Außerirdischen, bis Perry Rhodan am Ende unsterblich wird und die kleine Erde vor dem rappelvollen und meist feindlichen Universum versteckt. Um als Großadministrator des Solaren Imperiums immer wieder zu kommen. So ungefähr jedenfalls. Die heutigen Autoren, in etwa die dritte Generation nach dem Gründervater "Kanonenboot"-Herbert Scheer, wie der Literaturpapst und bekennende Erstleser Denis Scheck liebevoll spottet, haben die Anfänge nicht mehr so genau präsent. Kein Wunder, nach über 2600 Heften und mehrfachen Wechseln der gesamten Richtung. Zum Jubiläum sehen alle etwas amüsiert zurück auf die Zeit, als die Raumschiffe immer länger wurden und ihre kosmische Landser-Serie deutsche Gefechtsfeldtugenden mit einer etwas ruppigen Völkerverständigung verbanden. Atomkritiker Robert Jungk und Monitor-Moderator Claus-Hinrich Casdorff waren dagegen entsetzt. Ihnen erschien Rhodan als netter Hitler mit Gott-Komplex, Stellvertreter Reginald Bull habe was von Göring und Demokratie komme nicht vor. So etwas verderbe bloß die Jugend. Die sah das freilich anders und gründete überall PR-Clubs, die anfangs sogar mehr Zulauf hatten als das Raumschiff Enterprise. Dort dachte man kosmisch, ertappte die Autoren bei Rechenfehlern, bastelte eigene Roboter oder betrieb Hobby-Astronomie. Trotzdem wandelte sich die Serie. Hanns Kneifel etwa führte exzessiven Alkoholkonsum bei der galaktische Flotte ein und brachte den ersten Beischlaf in der Serie unter, William Voltz verschob die imperiale Attitüde ins Humanistisch-Kosmische. "Hippiekram", mokieren sich heute PRler, die ihre Raumschiffe gerne im Salventakt der Strahlkanonen erzittern spüren. Die große Vision eines Multiversums, dass von scheinbar guten und bösen Supermächten manipuliert wird, denen man beiden keine 10 Lichtjahre weit trauen sollte, ist aber noch immer Hintergrund der neuen Abenteuer. Die haben inzwischen auch längst das Ghetto Heftroman überwunden. Perry Rhodann kam zwar nie so recht im angelsächsischen Sprachraum an, und wer den bisher einzigen Perry Rhodan-Kinofim von 1967 gesehen hat, bemüht sich seither, ihn zu vergessen. Aber es gibt Computer- Brett- und Kartenspiele, Hörbücher und E-Book-Downloads, und demnächst sogar eine neue Perry Rhodan-Neo-Reihe. Die startet am 30. September und erzählt die alte Geschichte noch mal fast von vorn. Diesmal fliegt Perry Rhodan 2036 zum Mond, trifft dort Außerirdische und soll sich in der Folge nicht mehr so aufführen wie ein pubertierender Jugendlicher von damals. Wie die Neo-Welt in das klassische PR-Multiversum passt, erfahren die Fans vielleicht auf der großen Geburtstagsfeier des Phänomens: Vom 30. September bis 2. Oktober gibt es im Mannheimer Rosengarten den "Perry Rhodan Weltcon" mit allerlei Fan-Aktivitäten und natürlich dem Film "Unser Mann im All". Der wird nach dem Kinostart auch noch in zwei unterschiedlichen Versionen auf Arte und im ZDF gezeigt. Alle Fassungen beweisen mit Autoren- und Leser-Interviews und lustigen Abschweifungen über den finalen Fan-Schnaps Vurguzz (120%, davon 30% im Hyperraum) und über die Vorhaut Jesu, die laut einem mittelalterliche Mönch nach der Himmelfahrt die Saturn-Ringe bildete, dass "die größte Weltraumserie" eine märchenhaft verschrobene Chronik der Bundesrepublik ist, vom Mauerbau bis zum Auslandseinsatz der Bundeswehr. Und dass 10jährige Mädchen heute noch, neben Pferdebüchern, Planetenromane lesen. Wing BRD 2011. R: André Schäfer B: Hartmut Kasper, Claudia E. Kraszkiewicz K: Andy Lehmann. www.perry-rhodan.net
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