»DER PATRIOT«

Tier im Manne

Mel Gibson metzelt für die Freiheit

Dass Deutsche die besten Amerikaner sind, hat Roland Emmerich schon in Independence Day bewiesen. Mit Der Patriot legt er noch 'ne Schippe drauf und blickt zurück auf die Geburtsstunde der USA - den blutigen Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht. Benjamin Martin (Mel Gibson) ist schon gegen Franzosen und Indianer ins Feld gezogen. Über die dunklen Kriegserinnerungen von Fort Wilderness schweigt sich Martin vielsagend aus, auf seiner Plantage im sonnigen South Carolina widmet sich der Witwer ganz der Erziehung seiner sieben Kinder. Sein ältester Sohn Gabriel zieht gegen den väterlichen Willen in den Krieg. Als die Briten den Jungen vor seinen Augen gefangen nehmen, den jüngeren Bruder erschießen und Haus und Hof in Brand stecken, erwacht beim pazifistischen Familienvater das Tier im Manne. Im Alleingang metzelt Martin zwanzig Soldaten nieder, drischt blutbesudelt mit dem Tomahawk auf die leblosen Körper ein und wird fortan zum Kommandeur einer gefürchteten Guerillatruppe. Als Gegenspieler fungiert der sadistische britische Colonel Tavington (Jason Isaacs), der sogar Alte, Frauen und Kinder in einer Kirche bei lebendigem Leibe verbrennen lässt. Und so wird 158 Minuten lang hin- und hergeschlachtet, bis der Bösewicht im finalen Blutrausch den verdienten Tod in Zeitlupe stirbt.
Mit deutscher Gründlichkeit bedient Regisseur Roland Emmerich amerikanische Nationalmythen und Hollywood-Klischees. Das Blutbad wird als Geburtsstunde der neuen Welt zelebriert. Die Gemeinschaft der Milizionäre lässt sogar Schwarze für die Freiheit des Landes kämpfen und nimmt schon im Jahre 1776 die Sklavenbefreiung vorweg.
Emmerich war noch nie ein Mann feinsinnigen Understatements, auch hier verpackt er jede offensichtliche Aussage in große filmische Gesten. Bevor die Briten die Kirche samt Insassen anzünden, zoomt die Kamera hoch zum Kreuz, um die Gottlosigkeit des Vergehens zu unterstreichen. Gestorben wird prinzipiell in Großaufnahme, und für salbungsvolle Worte findet sich vor dem letzten Atemzug immer noch Zeit. Er schreckt sogar nicht davor zurück, den zweifelnden Helden durch den Anblick einer blutbefleckten Fahne wieder zur Räson zu bringen. Mit flatterndem Blutbanner reitet Mel Gibson in die letzte Schlacht und rammt den Briten die Flagge der Unabhängigkeit in den Leib. Blut-und-Boden-Metaphorik und Hollywood-Pathos verbinden sich in Emmerichs Brachialepos zu einem peinlichen, patriotischen Machwerk.

Martin Schwickert