Paradies: Liebe Schwarz Weiß-Bilder Eine Semi-Doku von Ulrich Seidl über weiße Frauen auf Sex-Urlaub in Kenia Wenn dicke weiße Österreicherinnen in ihren Liegestühlen in der Sonne braten und sich fachkundig darüber austauschen, wie man sich hier in Kenia am besten "`an Neger" besorgt und was man dann mit ihm machen kann, dann ist derlei schauerliche Kolonial-Rassismus-Darstellung nur dadurch gerechtfertigt, dass sie existiert. Ulrich Seidl, der Gratwanderer zwischen Dokumentation und inszenierter Wirklichkeit, hat Schauspieler und Laien vor der Kamera über ein Thema improvisieren lassen, zu dem er selbst lange recherchiert hat. Die Existenz von weißen "Sugarmamas" ist ebenso unbestritten wie die Tatsache, dass auch diese Art von Sextourismus enorm arbeitsplatzfördernd wirkt und, da ist Seidl recht hart, für beide Seiten ebenso befriedigend wie demütigend ist. Höhepunkt seiner mit dokumentarischem Blick inszenierten Geschichte über die schwergewichtige Teresa, die in Kenia endlich Liebe und Sex finden will, ist eine Orgie auf dem Hotelzimmer, an der vier dicke Frauen und ein schmächtiger Schwarzer teilnehmen und bei der es gilt: diejenige, die dem Schwarzen am ehesten eine Erektion verschaffen kann, hat gewonnen. Das ist so deprimierend wie eigentlich unschuldig. Alle vier Damen machen sich über ihre Attraktivität keine Illusionen; trotzdem wird "der Neger" am Ende recht kurz und bündig vor die Tür gesetzt: "Nächst´ mal nehman uns aber 'oan, der 'an hochkriegt!" Die Vermischung von Gefühl und Sex und Geld wir sachlich und direkt dargestellt. Trotzdem hat Paradies: Liebe viele kontemplative Momente, in denen die Kamera einfach ein landschaftlich grandioses Land feiert, in dem die jungen Männer als Ernährer großer Familien darauf angewiesen sind, den weißen West-Damen so viel Geld wie möglich aus der Tasche zu nehmen. Dass die Westlerinnen zu Hause beinahe so ärmlich leben wie ihre Hurenböcke in Kenia, ist eine der vielen präzisen Beobachtungen, die Seidl präsentiert. Die weißen Frauen wollen einen unterwürfigen Neger ficken. Die schwarzen jungen Männer einer weißen Frau für diese Dienstleistung möglichst viel Geld abnehmen. Beide liefern. Diese einvernehmliche Geschäftsbeziehung wäre ohne Rassismus gar nicht möglich.Paradies: Liebe bildet übrigens den Auftakt zu einer Trilogie, dessen zweiter Teil Paradies: GlaubeUlrich Seidl in Italien bereits eine Anzeige wegen Blasphemie einbrachte. In dem beim Filmfestival von Venedig im Spetember 2012 gezeigten Film nimmt seine Hauptdarstellerin ein Kreuz mit ins Bett, um damit dann ausgiebig zu masturbieren. Seidls Vorstellung von der Wirklich bleibt erschreckend direkt. Thomas Friedrich Ö 2012 R: Ulrich Seidl B: Ulrich Seidl, Veronika Franz K: Wolfgang Thaler, Ed Lachman D: Margarete Tiesel, Peter Kazungu, Inge Maux
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