PAPARAZZI

Mels miese Mischung

Mr. Gibson würde Heimlichknipser am liebsten ans Kreuz nageln

Wenn man es erst einmal in Hollywood geschafft hat, bedeutet dies nicht nur, dass man die besten Tische in coolen Restaurants bekommt. Die Kehrseite des Ruhmes besteht darin, dass man von lästigen Fotografen belagert wird, die einen nur zu gern bei einer äußerehelichen Affäre ertappen würden, die dann am nächsten Tag prompt auf der Titelseite eines Schundblatts landet.
Dass sich Stars über diese Paparazzi ärgern, ist verständlich. Wie groß Mel Gibsons Hass auf die ihn umgebenden Frechknipser zu sein scheint, zeigt Paparazzi, ein von ihm produzierter Actionthriller.
Held der Geschichte ist Bo Laramie (Cole Hauser), der es trotz seines an Pornostars erinnernden Künstlernamens geschafft hat, der neue Superstar zu werden. Nett, unbedarft und so frisch angekommen in der Glitzerwelt, dass er immer noch mit dem Nummernschild aus dem Heimatstaat Montana herumfährt, legt sich Bo mit einem Paparazzo (Tom Sizemore) an, was zu einer Fehde führt, die in einem Autounfall gipfelt, der beinahe seine Frau und seinen Sohn das Leben kostet. Alleingelassen von Justiz, Agentur und Publizist beschließt Laramie, blutige Rache zu nehmen.
Man würde wirklich gern berichten, dass Gibson weder Geld noch Mühen scheute, um seine persönliche Version von Ein Mann sieht rot ins Kino zu bringen.. nachdem Stars wie Tom Cruise, Kurt Russel und George Clooney absagten, verpflichtete Gibson seinen Friseur Paul Abascal als Regisseur (sein Zahnarzt hatte scheinbar keine Zeit) und B-Film Schauspieler Cole Hauser für die Hauptrolle. Auch der Rest der Besetzung liest sich wie eine Liste von Leuten, die bislang noch wenig (oder jahrelang keine) Berührung mit den Paparazzi hatten: Tom Sizemore, Robin Tunney, Dennis Farina und Daniel Baldwin gehören zur Riege der regulären Darsteller, während Chris Rock, Vince Vaughn und Gibson selbst kurze Gastauftritte absolvieren.
Das Hauptproblem von Paparazzi ist jedoch nicht der unterdurchschnittliche Unterhaltungswert des Films, sondern die verlogene Art und Weise, mit der Abascal und der verdächtig nach Pseudonym oder Strohmann klingende Drehbuchautor Forrest Smith diese Rachesaga erzählen: Die Fotografen sind nicht nur schleimige Parasiten mit komischen Akzenten, sondern auch noch Betrüger, Vergewaltiger und Drogenhändler, während der Superstar trotz äußerst fragwürdiger Handlungen als Held präsentiert wird. Sein erster Mord ist ein Versehen, der zweite könnte auch noch dem Zufall zuzuschreiben sein, der dritte, der tatsächlich äußerst brutal gewesen sein muss, wird uns vorenthalten. Auch die gerechte Strafe des Oberbösewichts Sizemore schießt weit über das Ziel hinaus: Dessen Taten mögen so ziemlich alles rechtfertigen, nicht aber ein Leben hinter Gittern (einschließlich täglicher Vergewaltigung, auf die der Film anspielt) für ein nicht von ihm begangenes Verbrechen.
Paparazzi ist nicht einfach nur ein schlechter Film oder ein wenig durchdachtes Statement über die Medienlandschaft, sondern die Masturbationsfantasie eines weit von der Realität entfernten Stars, nicht ganz unähnlich Gibsons letztem Projekt Die Passion Christi, der auch nicht über den Level eines religiösen Gewaltpornos herauskam.

Karsten Kastelan

USA 2004 R: Paul Abascal. B: Forrest Smith. K: Daryn Okada. D: Cole Hauser, Robin Tunney, Tom Sizemore, Dennis Farina, Daniel Baldwin, Tom Hollander, Kevin Gage, Blake Bryan