»LOVE ETC.«

Drüber reden

Die französische Verfilmung eines Julian Barnes-Romanes

Love etc. handelt, wie der Titel verspricht, von der Liebe und, entgegen den Versprechungen, von nichts anderem. Vielleicht noch ein bißchem vom Leben im Allgemeinen und daß es erstens meistens anders kommt, als man zweitens immer gedacht hat. Aber im Grunde haben alle Beteiligten keine Sorgen, außer dieser einen kleinen. Marion Vernoux's Love etc . leidet also auch an dieser im französischen Kino weit verbreiteten thematischen Einfältigkeit. Überhaupt hat Love etc . alles, was man an französischen Filmen lieben und hassen kann. Keineswegs neu ist die Konstellation. Eine Frau zwischen zwei Männern. Der eine der beste Freund des anderen. Sie verliebt sich zu früh in den einen und zu spät in den anderen, bis für alle alles zu spät ist. "C'est la vie", wie man dortzulande gerne sagt, wenn man nicht mehr weiter weiß und trotzdem weitermachen will.
Als der zurückhaltende Bankangestellte Benoit (Yvan Attal) über eine Kontaktanzeige Marie (Charlotte Gainsbourg) kennenlernt und sogar heiraten darf, glaubt er sich im sicheren Hafen des Glücks. Marie sieht bei der Hochzeit zwar nicht ganz so verliebt aus, aber sie mag ihren Benoit und hofft, mit ihm ihr desolates Leben in geordnete Bahnen bringen zu können. Völlig derangiert schaut Trauzeuge Pierre (Charles Berling) auf dem Hochzeitsfoto drein. Denn er ist sich nun - da alles besiegelt ist - sicher, daß er Marie über alles liebt. Für Pierre beginnt eine Phase intensiven Leids. Charles Berling brilliert hier in der Rolle des selbstmitleidigen Mannsbildes, dessen Persönlichkeit sich vor Kummer geradezu aufzulösen scheint. Liebe kann so grausam sein, und wie gerne schaut man dabei zu. Pierre bestürmt Marie mit floristischem Dauerfeuer, terrorisiert sie mit Telefonanrufen und bevor man ihn dafür hassen kann, kommt es zum Eklat in der Dreierkiste und Pierres Kopf landet in einer Schüssel Mousse au Chocolat.
Diese Szene ist der einsame aktionistische Höhepunkt einer Geschichte, die in der Mitte dramaturgisch gewaltig durchhängt. Wer im Kino Taten statt Worte sucht, ist mit Love etc. im falschen Film. "Darüber reden" heißt die Romanvorlage von Julian Barnes, und so heißt auch das Motto der Regisseurin Marion Vernouxs. Der Film besticht nicht durch seine Geschichte, sondern durch die Schauspieler und ihre Figuren. Die Kamera mag die Darsteller, der Film mag seine Protagonisten - das ist keine Selbstverständlichkeit. Aus einer liebevollen Distanz heraus blickt Love etc. auf die amourösen Verwicklungen des Trios und ironisiert dabei, ohne zu denunzieren. Das ist ein sehr französischer Balanceakt und den muß man zu schätzen wissen, um einen Film wie Love etc. mögen zu können.

Martin Schwickert