OPERATION WALKÜRE

Chronik der Verlierer

Immerhin: Besser als Knoop

Nun kommt Operation Walküre nach mehreren Startverschiebungen in die deutschen Kinos, und Bryan Singers Film gibt sich viel Mühe, die im Vorfeld fast hysterisch geäußerten Befürchtungen zu zerstreuen. Sowohl die Action als auch das Sentiment wurden für Hollywoodmaßstäbe deutlich heruntergefahren. Eine filmische Überhöhung Stauffenbergs zum mythischen Kinohelden findet nicht statt. Aber genauso wenig eine kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit dem Offizier, der die Aktentasche mit dem Sprengstoff in der Wolfsschanze deponierte. Seine Perspektive klopft der Film in der Eingangssequenz fest, wenn Stauffenberg während des Afrikafeldzuges dem Tagebuch seinen Gesinnungswandel anvertraut und bei einem Luftangriff schwer verletzt wird.

Die ersten Bilder Stauffenbergs sind die eines Opfers und nicht die des Militärkarrieristen, der seine kriegerischen Fähigkeiten in Polen, Russland und Frankreich unter Beweis gestellt hat. Ohnehin sucht der Film für die Darstellung der Verbrechen des Nationalsozialismus keine Bilder. Von Konzentrationslagern und Wehrmachtsmassakern ist nur kurz in Stauffenbergs Tagebuchaufzeichnung die Rede.

Bryan Singer konzentriert sich ganz auf die Vorbereitung und Durchführung des Putschversuchs, der sich nach dem erfolgreichen Attentat auf den Führer dessen Notstandsplan "Walküre" zunutze machen wollte, um mit Hitlers Reservearmee eine Machtergreifung der SS zu verhindern.

Für diejenigen, die im Geschichtsunterricht nicht geschlafen haben, bietet der Film wenig Neues. Der 20.Juli wurde von der bundesrepublikanischen Historikerzunft als eines der wenigen Widerstandsmomente im Dritten Reich gründlich erforscht, und der Film hält sich an die Chronologie der Ereignisse. Natürlich ist Cruise das ambivalenzfreie Zentrum des Films, aber Singer ( Die üblichen Verdächtigen ; X-Men ) lässt genug Raum für andere wichtige Figuren, wie etwa den hervorragenden Tom Wilkinson in der Rolle des General Fromm und Bill Nighy als zögerlichen Verschwörer Olbricht.

Am meisten interessiert sich der Film für die komplexe Mechanik des Putschversuches. Die Operation Walküre ist hier in erster Linie ein tragisch misslungener Coup, dessen Scheitern durchaus spannend in Szene gesetzt wird. Etwas dürftig fällt im hektischen Staatstreichtreiben hingegen die Erforschung der Motive der Verschwörer aus, die schließlich nicht nur vom moralischen Edelmut angetrieben wurden, sondern vor allem von der bitteren Erkenntnis, dass ihr Krieg längst verloren war.

Martin Schwickert

Valkyrie USA 2008 R: Bryan Singer B: Christopher McQuarrie, Nathan Alexander K: Newton Thomas Sigel D: Tom Cruise, Bill Nighy, Tom Wilkinson