OPEN RANGE


Echte Kerle

Alte Kerle, alte Werte

Gleich am Anfang bibbern alte Cowboys unterm Unwetter, klagen über Rheuma, trinken todesmutig kalten Kaffee und demonstrieren Rauhbeinigkeit und Rückgratstärke beim Pokern. Sogar der Hund ist über die besten Jahre hinaus. Und der Lehrling ist Mexikaner. Außerdem sind ihnen die Rinder weggelaufen. Am nächsten Morgen ist die Hauptarbeit, den im Schlamm versackten Wagen wieder flott zu kriegen.
Kevin Costner, der seit seinem Oscar-überschütteten Der mit dem Wolf tanzt über ein Jahrzehnt fast nur Kassenflops produzierte, kriegte mit diesem sperrigen Film seine Karriere wieder ans Laufen. Grandiose Landschaften (Kanada spielt Montana), umwerfende Schauspielerei (Robert Duvall vor allen, Kevin Costner hinter allen), und vor allem eine Art moralisch antike Postmoderne machen Open Range zum Genuss, zum versöhnlichen Pendant von Erbarmungslos.
Die freien Cowboys kriegen Krach mit einem ortsansässigen Rinderbaron, das weite Land verheddert sich im modernen Stacheldraht, duckende Bürger wachsen erst am Beispiel der ehrlichen Helden zur Zivilcourage - alles tausendmal gesehen. Aber so noch nie: Costners Cowboy versucht, alle Momente der Westerngeschichte durchzuarbeiten und mit dem selben Gesichtsausdruck zu spielen. Er war wal ein Miet-Killer im Bürgerkrieg, er organisiert unwillig aber kompetent den langen Shoot Out, er verliebt sich vorsichtig in die Schwester des Dorf-Arztes (Annette Bening, die eine hinreissend verblühte Romanze hinlegt) Costner zerschmeisst einmal, von Furien der Vergangenheit aufgeschreckt, ihr europäisches Porzellan - aber bevor er in die letzte Schlacht zieht, verpfändet er sein Pferd für ein neues Service.
Costner bemüht sich, die verlogenen Werte der Western-Tradition als echte zu bewahren (das leistet Robert Duvall bravourös), und zugleich der dunklen Demaskierung einen Hoffnungsschimmer zu verleihen. Am Ende scheint die Sonne und die Blumen blühen. Und Costner reitet weg. Aber wenn er die geretteten Rinder verkauft hat, wird er zurückkommen um Annette Bening zu heiraten.

WING
USA 2002, 145 Min, R.: Kevin Costner; K: James Muro; D: Robert Duvall, Kevin Costner, Annette Bening, Michael Gambon, James Russo