»NOTTING HILL« Wie geklont
Hugh Grant geht wieder hochzeiten Hugh Grant spielt ihn wieder: den linkischen Wuschelkopf, der die Herzen der stolzesten Amerikanerinnen bricht. Die Rolle hat ihm Drehbuchautor Richard Curtis schon einmal auf den Leib geschrieben. Ihre gemeinsame Anstrengung, Vier Hochzeiten und ein Todesfall , kassierte vor fünf Jahren so viel Geld an den Kinokassen wie kein britischer Film je zuvor. Nun folgt mit Notting Hill die Fortsetzung, die streng gesehen nur der Überbau als solche ausweist. Geblieben vom Vorgänger sind der Charme der Charaktere, die Natürlichkeit der Dialoge sowie die Grundidee mit der Amerikanerin und Hugh Grant. William Thacker heißt hier der von Grant gespielte Sympathieträger, der im Londoner Stadtteil Notting Hill einen Reisebuchladen führt. Seine Frau hat ihn verlassen - für einen Kerl, dessen einprägsamste Eigenschaft eine Ähnlichkeit mit Harrison Ford gewesen sein muß. Welch Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet der Welt beliebteste Filmschauspielerin Anna Scott (Julia Roberts) den Weg in sein Geschäft findet und zum Erstaunen aller Sozialpartner ein Techtelmechtel mit William beginnt. Es bahnt sich rasch mit einem verschütteten Orangesaft an - und ehe es sich unser Held versieht, steht er in Annas Suite. Leider nicht allein. Ein Troß von Journalisten wimmelt um die Angebetete. Das Management hat Interviews anberaumt, um Annas neuen Kinostreich wirksam zu vermarkten. Wie sich William daraufhin abmüht, einen passablen Journalisten zu mimen und dabei die Promotionkampagnerie aufs Korn genommen wird, gehört zu den entzückendsten Verwechslungsszenen des Kinojahrzehnts. Drei Anläufe benötigt das Paar, bis es wirklich eines darstellt. Zwei Stunden sind dann wie im Fluge vergangen. Einhundertzwanzig Minuten, in denen Regisseur Roger Michell eine grandiose Schauspielerriege in den Nebenrollen dirigierte. Rhys Ifans als den Normen abholder Spike und Gina McKee als an den Rollstuhl gefesselte Bella beeindrucken mit Natürlichkeit, die beiden Figuren sicherlich schwer abzutrotzen war. Der Geniestreich der Filmemacher ist jedoch die Einbindung von Julia Roberts. Sie gehört - wie die fiktive Scott - zu den meistbezahltesten Akteuren der Branche. In Notting Hill meistert sie ihre Aufgabe mit Zurückhaltung. Im Reigen der Darsteller wirkt sie immer gekünstelt, der Situation eines Fremdkörpers damit stets angemessen. Der Film wird die romantisch-besessenen Massen in die Theater locken. Er ist durch und durch pointiert, stellt keine beklemmenden Fragen und zeigt Ausschnitte eines Lebens, das wir alle gerne leben möchten. Die britische Komödie ist perfekte Sommerkost: unbedingt empfehlenswert.
Ulf Lippitz
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