Albert Nobbs Stummer Aufstand Glenn Close als Butler mit Geheimnis Wenn ein guter Butler umsichtig und höflich ist, dabei noble Distanz wahrt und nie unangenehm auffällt, dann ist Albert Nobbs ein ziemlich guter Vertreter seiner Zunft. Ende des 19. Jahrhunderts versieht der introvertierte Mr. Nobbs zuverlässig und still seinen Dienst im feinen Morrisonīs Hotel in Dublin. Der diskrete Bedienstete wird von den Gästen ebenso geschätzt wie von den Kollegen und der Chefin. Eisern spart Mr. Nobbs sein Geld, um mal einen kleinen Tabakladen eröffnen zu können. Gerne operiert der Butler unterhalb des Radars seiner Mitmenschen, denn er hütet ein brisantes Geheimnis. Eines das seine Existenz vernichten könnte. Mr. Nobbs ist Wahrheit eine Frau. Und im Irland jener Tage sind alleinstehenden Frauen Tätigkeiten dieser Art unter Strafe verboten. Erst der Maler Hubert Page, den Nobbs für eine Nacht in seiner Stube beherbergen muss, durchschaut die sorgsam aufgebaute Maskerade. Nachdem sich der erste Schrecken gelegt hat und sich Page ebenfalls als Frau, die glücklich mit einer anderen verheiratet ist, offenbart, beginnt Nobbs von einem Neuanfang mit der jungen Zofe Helen an ihrer Seite zu träumen. Schon 1982 spielte Glenn Close die Figur des Albert Nobbs auf der Bühne eines Off-Brodway-Theaters in New York. Jahrzehntelang bemühte sich Close unermüdlich, das Stück, das auf einer Kurzgeschichte des irischen Schriftstellers George Augustus Moore basiert, zu verfilmen. Nach einigen Rückschlägen war es 2011 endlich so weit. Mit Albert Nobbs ist also ein Herzenswunsch von Close, die auch am Drehbuch mitwirkte, in Erfüllung gegangen. Das leise Drama erzählt von einer Frau, die ihre Identität verleugnen muss, um zu überleben. Als Page sie nach ihrem wahren Namen fragt, fällt der nur noch "Albert" ein. Indirekt erzählt der Film auch von den ärmlichen Verhältnisse in Dublin gegen Ende des 19. Jahrhunderts und den beengenden Konventionen einer widersprüchlichen Gesellschaft, die wirtschaftlich in der Moderne angekommen ist, sozial aber immer noch in vormoderner Zeit steckt. Alle stehen irgendwie ständig unter Beobachtung. Nicht nur Nobbs muss sich verstellen. "We are both disguised as ourselves", raunt Stammgast Dr. Holloran, der eine Affäre mit einem der Dienstmädchen hat, Nobbs mehrdeutig auf dem traditionellen Kostümfest im Morrisonīs zu. Gesten und besonders Blicke erzählen in Albert Nobbs oft mehr als ganze Dialoge. Immer wieder folgt die Kamera den Blicken, wodurch sich eine ganz besondere Dynamik entwickelt. Besonders gut gelungen ist das bei dem bereits erwähnten Kostümfest. Die subtile Inszenierung in Verbindung mit einem großartig spielenden Ensemble erinnert an die Filme von James Ivory. Beleg für die sehenswerten Schauspielerleistungen sind die Oscarnominierungen von Glenn Close und Janet McTeer, wobei letztere ein wenig überzeugender einen Mann spielt. Olaf Kieser GB/Irland/F/USA 2011 R: Rodrigo García B: Gabriella Prekop, John Banville, Glenn Close K: Michael McDonough D: Glenn Close, Mia Wasikowska, Janet McTeer, Aaron Johnson, Brendan Gleeson, Jonathan Rys Meyers
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