Nader und Simin Kleine Lügen Das iranische Gesellschaftsdrama erhielt 2011 den Goldenen Bären Am Anfang sitzen Nader und Simin nebeneinander vor dem Scheidungsrichter und schauen direkt in die unbewegte Kamera. Simin hat ein Visum in der Tasche und möchte das Land verlassen. Nader kann nicht weg aus Teheran, weil er sich um seinen pflegebedürftigen Vater kümmern muss. Der Richter schickt das zerstrittene Paar wieder nach Hause, Simin zieht zu ihren Eltern. Weil Nader den alten Mann nicht allein lassen kann, wenn er zur Arbeit geht, engagiert er Razieh als Pflegerin. Ihr Mann ist arbeitslos und weiß nichts davon, dass seine Frau was dazu verdient, obwohl er nach iranischem Recht seine Einwilligung geben müsste. Razieh ist schwanger. Als sie den Vater am Bett festbindet und die Wohnung verlässt, um selbst zum Arzt zu gehen, eskalieren die Ereignisse. Im Streit drängt Nader die Frau aus der Wohnung. Am nächsten Tag erfährt er, dass Razieh die Treppe hinunter gestürzt ist und ihr Kind verloren hat. Die Angelegenheit kommt vor den Richter, wo Nader darauf beharrt, nichts von der Schwangerschaft der Pflegerin gewusst zu haben. Wahrheit oder Notlüge? Die Frage ist vor allem für die elfjährige Tochter der beiden von zentraler Bedeutung, die von ihrem Vater zu einem stets selbstständig denkenden und handelnden Menschen erzogen wurde. Die innigliche Beziehung der beiden ist das emotionale Zentrum der sich überlagernden Konflikten, in denen die Wahrheitssuche immer wieder zu neuen Gewissensentscheidungen drängt. Nader und Simin ist ein klug konstruiertes Drama, in dem die Streitperspektiven in ständigem Fluss sind. Die scheinbar klaren Grenzen zwischen Gut und Böse, Frauen und Männern, Eltern und Kindern, Gesellschaft und Individuum und zwischen dem modernen und dem traditionellen Iran werden immer wieder aufgebrochen und zu einer hoch differenzierten Sichtweise auf die komplexen Widersprüche des Lebens ausgebaut. Martin Schwickert Iran 2011 R&B: Asghar Farhadi K: Mahmood Kalari D: Leila Hatami, Peyman Moaadi, Shahab Hosseini
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