My Sweet Pepper Land Hang Man Hiner Saleem dreht einen Western im wilden Kurdistan Absurd komisch war der Exil-Iraker Hiner Saleem schon immer, zuletzt in Kilometre Zero, der seinen Setausstatter kurzfristig ins Gefängnis brachte, weil die kurdischen Behörden eine Saddam-Statue für den Film in den falschen Hals bekamen. Jetzt ist er auch noch romantisch. Und etwas böse. Im mittlerweile befreiten Kurdistan treffen sieh Honoratioren, die eher nach einem Mafia-Clan aussehen, versammeln sich auf lächerlichen Plastikstühlen und schauen zu, wie sich der überforderte Henker abmüht. "Ein Strick? Niemand hat mir gesagt, dass ich einen Strick mitbringen soll." Kein Wunder, dass der ehemalige Peschmerga Baran nicht im Polizeidienst bleiben will. Heldenmütig hat er gegen Saddam gekämpft, der schleppende Aufbau der neuen autonomen Region mißfällt ihm nun. Nur widerwillig lässt er sich als Sheriff in ein entlegenes Bergdorf versetzen, wo in der letzte Zeit ständig die Ortspolizisten verstarben oder wegliefen. Unterwegs trifft er auf die junge Lehrerin Govend, die sich gerade mit ihrer Familie zerstritten hat, weil sie noch nicht heiraten will, sondern lieber eine kleine Schule im Hinterland leiten. Natürlich ausgerechnet in Barans Dorf. Es kommt, wie es kommen muss. Die beiden Helden der Zivilisation kriegen Krach mit den vormodernen Verhältnissen, den Patriarchen und dem lokalen Bandenboss Aziz Aga. Baran stört seinen Schmuggel, weil der die Staatsentwicklung hemmt, Govend macht menschenfreundliche Deals mit weiblichen Freiheitskämpfern aus dem türkischen Kurdistan, was wiederum Aziz' Geschäfte stört, und die Dorfbewohner stören sich an den aufrechten Neueren, weil ihnen Kinder, die Lesen und Schreiben können, nicht so wichtig erscheinen, wie ein zufriedener Warlord. Der nun wieder treibt den Konflikt auf die Spitze, in dem er dem Sheriff und der Lehrerin das unmoralische Verhältnis nachsagt, auf das jeder Zuschauer mit Herz ohnehin hofft. Auf dem Weg dahin nutzt Hiner Saleem ohne parodistische Absicht die erprobten Formeln des Westerns. Den Hut, das Pferd, die Zigarette, das überwältigende Panorama der Bergwelt, die charakterstarke Großaufnahme und mehrmals auch die Leitmotivik im Score, als wäre Ennio Morricone im Team. Die Rolle der Mundharmonika spielt hier die Hang, eine Art Steeldrum, die erst vor ein paar Jahren in der Schweiz erfunden wurde, aber wunderbar archaische Töne macht. Erst recht, wenn die Govend-Darstellerin sie bedient. Aber Saleem macht auch Scherze am Rande, etwa wenn er Baran immer wieder auf ein Pferd setzt, obwohl der sichtlich nicht gut reiten kann. Immer wieder sieht man den Regisseur sozusagen schmunzeln. Seinen Titel hat der Film vom einzigen Saloon des Dorfs, dem "Pepper Land" in dem nach einem langsamen, schleppenden Aufbau und einem märchenhaften Showdown die Demokratie dann doch gerade nicht richtig beginnt. Hiner Saleem hat viel Spaß gehabt und eine Menge Themen interessant behandelt. Aber vielleicht hat er sich mit dem Griff nach dem Western doch den falschen Hut aufgesetzt. Den packenden Witz der Eröffnungssequenz erreicht der Rest des Films jedenfalls nicht mehr, und weder bringt er sein Genre richtig zu Ende, noch seine Geschichte. Aber er hat Golshifteh Farahani, die mit einem Lächeln ganz Kurdistan verzaubern kann. Wing F/D/K 2013. R: Hiner Saleem B: Hiner Saleem, Antoine Lacomblez K: Pascal Auffray D: Korkmaz Arslan, Golshifteh Farahani. 94 Min.
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