My Old Lady Auf zu engem Raum Ein Theaterstück über Familiengeschichten will ins Kino - und überlebt nur dank Kevin Kline und Maggie Smith Für Drehbuchautoren gibt es viele Inspirationsquellen, aber wer hätte gedacht, dass eine Klausel des französischen Grundbesitzrechts den dramatischen Schlüssel für einen abendfüllenden Spielfilm liefern könnte? "Viagère" nennt man in Frankreich eine Art Immobilienleibrente, die dem Verkäufer nicht nur ein lebenslanges Wohnrecht, sondern als Teil des Kaufpreises auch eine monatliche Rente zusichert - eine nicht ganz geschmackssichere Regelung, bei der der Käufer auf eine möglichst geringe Lebenserwartung des Verkäufers spekuliert. Der erfolglose amerikanische Schriftsteller Mathias Gold (Kevin Kline) sieht sich schon als Millionär, als ihm sein Vater eine 500 Quadratmeter große Wohnung samt Garten mitten im Pariser Marais vererbt. Sein letztes Geld investiert er in den Flug, nur um festzustellen, dass in der Wohnung die 92 Jahre alte Engländerin Mathilde Girard (Maggie Smith) wohnt, die dem Erben nur zu gern Nachhilfe im französischen Immobilienrecht gibt. Die rüstige Dame ist aus der Wohnung nicht herauszubekommen und bietet Mathias großzügig eine Kammer zur Miete an. Das ist zunächst der Ausgangspunkt für eine Komödie, die einen materiellen Interessenskonflikt auf engstem Raum austrägt, dann aber allmählich in ein Psychodrama kippt, als lang gehütete Familiengeheimnisse und traumatische Kindheitserinnerungen zum Vorschein kommen. Mit 75 Jahren liefert der amerikanische Bühnenautor Israel Horovitz mit My Old Lady sein Kinodebüt ab. Die theatrale Vergangenheit des Stücks wie des Regisseurs merkt man dem Film deutlich an, der immer wieder zu langen dramatischen Dialogszenen ausholt, in denen alte Rechnungen beglichen werden. Hier können die Schauspieler ihre Muskeln zeigen: Kevin Kline hat man lange nicht mehr so gut gesehen wie in der Rolle des desillusionierten Schriftstellers, der nach drei gescheiterten Ehen und drei unveröffentlichten Romanen mit Ende fünfzig nichts vorzuweisen hat. Und natürlich Maggie Smith, die hier in aller Süffisanz ein wenig an ihre Paraderolle in Downton Abbey anknüpfen darf ("Ich bin 90. Subtilität interessiert mich nicht mehr") und die mit fast 80 einfach nicht aufhören will, immer besser zu werden. Es sind die Schauspieler - neben den Hauptkontrahenten auch noch Kristin Scott Thomas als Tochter zwischen den Fronten - die My Old Lady über seine dramaturgischen Schwächen und filmische Konventionalität hinwegtragen. Denn Horovitz gelingt es nicht, die komischen Elemente mit der tiefernsten Aufarbeitung der Eltern-Kind-Beziehungen zu einer kohärenten, tragikomischen Melange zu verarbeiten. Was auf der Bühne als dramatischer Kontrast gelingen mag, wirkt in der intimen Nähe des Kinos einfach zu gewollt. Martin Schwickert GB/F/USA 2014 R&B: Israel Horovitz K: Michel Amathieu D: Kevin Kline, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, 107 Min.
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