»DIE MUMIE«

Armee der Finsternis

Ein Klassiker des Horrorkinos gibt sich modern

Nachdem das computeranimierte Kino der 90er alle Naturkatastrophen und futuristischen Kriegsszenarien durchbuchstabiert hat, beginnt man nun mit der Wiederbelebung des klassischen Filmerbes. Nach Emmerichs Godzilla wird mit Die Mumie ein weiterer Horrorklassiker der 30er Jahre zu neuem Leben erweckt. Als der legendäre Boris Karloff 1932 in Karl Freunds Die Mumie aus dem Sarkophag stieg, löste diese liebevoll in Toilettenpapier gehüllte Erscheinung damals eine langanhaltende Mumien-Film-Welle aus. 1971 versetzte Christopher Lee noch einmal als unverwester Pharao das Publikum in Angst und Schrecken, und Regisseur Stephen Sommers knüpft nun mit modernster Technik nahtlos an die Trash-Vergangenheit des Mumien-Thrillers an.
Wie in den Vorgängerfilmen siedelt auch Sommers seine Geschichte in den späten 20er Jahren an. Evelyn (Rachel Weisz) ist eine etwas tollpatschige Ägyptologin, die ihr wissenschaftliches Dasein in verstaubten Bibliotheken fristet. Als ihrem Bruder Jonathan (John Hannah) eine vergilbte Karte in die Hände fällt, auf der der verschollene Pharaonen-Zentralfriedhof Hamunaptra genau lokalisiert ist, wittert Evelyn ihre Chance, sich in der freien Feldforschung zu beweisen. Zu dem Geschwisterpaar gesellt sich der gutaussehende Abenteurer Rick O'Connell (Brendan Fraser), und ab geht es im Kamelsgalopp durch die ägyptische Wüste. Zeitgleich mit dem britischen Trio trifft ein rivalisierendes amerikanisches Grabräuberteam ein. Tag und Nacht buddelt man auf der Suche nach verborgenen Schätzen im Sand der Sahara um die Wette. Schon bald stößt man auf geheimnisvolle Kisten, die mit todversprechenden Warnungen versehen sind, und schließlich auf einen Sarkophag, aus dem eine glitschig schwarze Mumie hervorspringt. Das halbverweste Skelett gehört - so will es die Legende - dem gefürchteten Hohepriester Imhotep, der sich seinerzeit an der Pharaonengattin vergangen hat und deshalb bei lebendigem Leibe begraben wurde. So richtig tot ist der Knabe auch nach lästigen 4000 Jahren noch nicht. Hopplahopp saugt er ein paar Nebenfiguren aus, um Stück für Stück wieder seine alte Gestalt anzunehmen und großes Unheil über das Land zu bringen. Sonnenfinsternisse, Sandstürme, Feuerbälle, rot gefärbte Flüsse und Heuschreckenplagen gehören zu seinen leichtesten Übungen. Heerscharen von mumifizierten Soldaten und fleischfressenden Krabbeltieren werden in Bewegung gesetzt, und das Heldentrio hat alle Hände voll zu tun, mit Feuerwaffen und ägyptologischen Fachwissen den wiederauferstandenen Teufel ins Grab zurückzubringen.
Glücklicherweise nimmt Regisseur Stephen Sommers den Horrorgehalt seines Stoffes nicht besonders ernst. Hier und da gruselt es zwar recht anschaulich, aber trotz aller Spezialeffekte setzt der Film nicht auf die genreübliche Nervenzerfetzerei. Augenzwinkernd jongliert er mit bekannten Spannungselementen: Geheimgänge öffnen sich durch zufälliges Anlehnen an eine Wand, und rettende Hyroglyphenanweisungen werden prinzipiell erst in letzter Minute entschlüsselt. Das stilvolle 20er Jahre Ambiente des Abenteuerfilms mischt sich stimmungsvoll mit dem Festplatten-Feuerwerk aus dem Hause "Industrial Light and Magic". Zwischen den lärmenden Keilereien und Naturspektakeln ist immer mal Zeit für ein paar humorvolle Einlagen. Die Hauptfiguren agieren als Helden mit einer guten Portion britischen Understatements, und vor allem Rachel Weisz überzeugt in ihrer Rolle mit zickigem Bibliothekarinnencharme. In der letzten Hälfte des Films regieren schließlich ganz die Effektemeister und die Handlung kann dem vorgegebenen Tempo nicht immer folgen und stolpert gerade noch rechtzeitig zum rettenden Happy End.

Martin Schwickert