DIE MÜHLE UND DAS KREUZ Der längste Tag Lech Majewski verfilmt Peter Breughel Ungeheuerliches geschieht im 16. Jahrhundert in Flandern. Die Spanier fallen mit einer blutigen Invasion ins Land ein, das ihnen zu evangelisch geworden ist. Und ein bibelfester Maler berühmter Bauernszenen und Wimmelbilder stellt die ganze Geschichte der Kreuzigung des lieben Herrn Jesus so dar, als ob sie gerade eben erst stattfände. Der ganze Tag, vom Kreuzweg bis zur Trauer der hinterbliebenen Mutter verteilt sich wie ein Comic auf dem Bild über die ganze Landschaft, in der auch noch Dutzende andere Geschichten passieren: die Soldateska der Invasoren marodiert, die Bauern feiern fröhliche Feste, ein Kalb wird zum Markt getragen, ein Rad ziellos durch die Gegend gerollt. Solche Zeitraffer-Panoramen waren nicht ungewöhnlich damals, völlig ungewöhnlich aber wirkt es heute, wenn der polnische Regisseur Lech Majewski das wild bewegte Gemälde Peter Breughels des Älteren in seinem Film auf eineinhalb Stunden voller fast stummer und fast stehender Episoden auseinanderzieht. Der formale Rahmen ist ein langsam erwachender Tag, an dem sich rustikale Gestalten aus ihren Betten quälen und ohne Worte an ihre Tagwerke gehen, tagsüber dann Kröskes haben, Geschäfte, Ärger mit den Besatzern und scheinbar einen Nebenjob als Statisten bei dem großen Breughel-Bild. Immer wieder tritt Rutger Hauer gedankenschwer in eine aus Filmbildern und gemalten Hintergründen komponierte Szene, korrigiert hier mal den Faltenwurf an Charlotte Rampling, die schon am Anfang das um Jesus trauern übt, oder beobachtet dort mal ein Spinnennetz, von dem er sich das Konstruktionsprinzip seines Gemäldes abschaut. Hin und wieder äußern sich auch er und Michael York als Auftraggeber des Bildes tiefsinnig zu Kunst und Lebensfragen. Ein Dialog kommt aber nie zu Stande, auch keine Handlung. Hauptsächlich stehen famos kostümierte Gestalten in brillant ausgeleuchteten Arrangements und gucken, als wären sie Modepuppen bei einem Liverollenspiel. Ohne Live, ohne Rollen und ohne Spiel. Das ist ein Augenschmaus und kunstgeschichtlich bestimmt wertvoll. Das ist aber auch eine Geduldsprobe. Und es ist geradezu ein ärgerlicher Absacker, wenn Majewski mit der Kamera am Ende so aus seinem künstlich belebten Bild rückwärts heraus fährt, dass wir als Auflösung des Bilderrätsels Breughels Original im Museum hängen sehen. Da wird eine Überraschung inszeniert, die durch ihr Ausbleiben viel von der Kraft und der Herrlichkeit des Aufwands davor zunichte macht. Wing Mlyn i krzyz S/POL 2011. R: Lech Majewski B: Lech Majewski K: Adam Sikora, Lech Majewski D: Rutger Hauer, Michael York, Charlotte Rampling
|