»EIN PERFEKTER MORD« Laß doch klingeln!
Bei Anruf Mord - oder eben auch nicht Cineasten aufgepaßt! Hier gibt es ein Vorbild zu suchen. Zu Beginn der entscheidenden Szene von Ein perfekter Mord liegt Millionärstochter Emily (Gwyneth Paltrow) in einer luxuriösen Badewanne. Sie erholt sich von quälenden Sorgen - da klingelt das Telefon. Emily verspürt wenig Lust abzunehmen. Ihre Gedanken kreisen um Ehemann Steven (Michael Douglas) und Lover David (Viggo Mortensen), und wie man das klassische Dreieck auflösen kann. Unerbittlich kreist die Kamera um das Telefon, Streicher summen verstörend, und das periodisch einsetzende Klingeln hält an. Angestrengt legt Emily den langen Fußmarsch zur Küche zurück. Am Hörer meldet sich niemand. Dann schwingt sich die Filmmusik zu einem Forte auf, ein Maskierter packt Emily von hinten und schleudert sie brutal zu Boden. Und am anderen Ende der Leitung? Dank der vorangegangenen Komplottvorbereitungen und einer Parallelmontage wissen wir, daß niemand anders als der gehörnte Ehemann dem Geschehen lauscht. Ein Broker-As wie Steven Taylor - eine Fortführung von Douglas' Gordon Gecko in Wall Street - läßt sich eben nicht übers Ohr hauen. Bewaffnet mit Details über die Vergangenheit des Liebhabers erpresste der Betrogene den Betrüger. Emily soll ermordet werden - durch die Hand des Rivalen. Steven gestattet sich am Telefon, der vermeintlichen Greueltat ein paar Sekunden zuzuhören. Was er nicht ahnt: seine Gattin ist weitaus zäher als gedacht und bringt den Eindringling im Affekt zur Strecke. Regisseur Andrew Davis (Auf der Flucht) bedient sich hier bei Hitchcocks Klassiker Bei Anruf Mord . Zum Glück verkommt der Film nicht zu einer werkgetreuen Kopie. In warmen Farben verleiht Davis dem Szenario eine Harmonie, die dem Geschehen zuwiderläuft. Michael Douglas erweist sich als diabolisch gut, und auch Gwyneth Paltrow macht eine starke Figur. Den Hauptdarstellern verdanken wir das Durchhalten bis zum Schluß. Denn die Spannung erlischt nach einem furiosen Start in der zweiten Hälfte zunehmend. Trotz einiger Seitenwege endet die Geschichte planmäßig. Das Dreieck reduziert sich auf einen starren Punkt, und wir lernen: nie zu früh den Telefonhörer auflegen.
Ulf Lippitz
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