»SIEBEN MONDE«

Wolf im Weichei

Ein deutscher Thriller. Eben.

Weil der deutsche Komödien-Boom irgendwann einmal ein Ende haben wird, versucht sich heimische Filmindustrie hin und wieder auch in Genre-Filmen: mal ein Road-Movie, mal ein Thriller, ab und an ein bißchen vorsichtige Action. Aber irgendwie muß man dann doch immer feststellen, daß alles nicht so gut aussieht wie in den US-Originalen. Autoverfolgungsjagden z.B. mit einem deutschen Streifenwagen kann man nur schwerlich ernstnehmen. Peter Fratschers Sieben Monde versucht sich nun als Mystery-Thriller zu verkaufen und sieht dabei doch nur wieder wie eine aufgeblasene Tatort-Folge aus.
Brutale Morde eines Serienkillers erschüttern eine namenlose deutsche Großstadt. Daß der Mörder pünktlich um Mitternacht und ausschließlich bei Vollmond aktiv wird, die Opfer undefinierbare Biß- und Kratzwunden aufweisen, läßt die Ermittler schnell zu dem Schluß kommen, daß hier unmißverständlich ein Werwolf am Werke sein muß. Der Fall wird zu gleichen Teilen dem pragmatischen Kommissar Graf (Peter Lohmeyer) und seinem hornbebrillten Kollegen Becker (Christoph Waltz) übertragen. Letzterer hat ein Händchen für Esotherik und bedient sich intuitiver Ermittlungmethoden, während ersterer einzig und allein an Fakten und klassischer Spurensuche interessiert ist. Die ganze Stadt ist im Werwolf-Fieber und durch eine Verkettung seltsamer Zwischenfälle gelangt der erfolglose Schriftsteller Thomas Krömer (Jan Josef Liefers), der sich mit der Übersetzung von finnischen Horrorfilmen über Wasser hält, auf Platz 1 der Verdächtigenliste. Als Krömer nachts auf nebeliger Straße von einem unbekannten Tier gebissen wird und schließlich sogar seine Großmutter Opfer des Werwolf-Killers wird, zweifelt der Verdächtige selbst an seiner Unschuld. Er sucht nach dem Wolf in sich. Da ist dieser plötzliche Appetit auf rohes Fleisch, die freundliche Begrüßung des Wolfsrudels im Zoo und dieser animalische Energieschub, mit dem er nach Jahren uneingestandener Zuneigung über die Buchhändlerin Alexandra (Marie Bäumer) herfällt. Die nächste Vollmond-Nacht wird zur Stunde der Wahrheit. Krömer fesselt sich an eine Stuhl und will seine Verwandlung zum Werwolf mit einer Video-Kamera dokumentieren und auch der Polizeiapparat ist in höchster Alarmbereitschaft.
Trotz allem redlichen Bemühen mit laut knarrenden Dielen, drohend tickendem Uhrwerk und halbbeleuchteten Sets - als Thriller will Sieben Monde nicht so recht funktionieren und auch das mysteriöse Potential der Geschichte bleibt im Verborgenen. Die Frage "Who Dunit?" können auch minderbegabte Zuschauer schon früh beantworten, man wundert sich nur, warum das Filmfiguren-Personal solange braucht, um dahinter zu kommen. Na ja, und daß sich ein Weichei wie Jan Josef Liefers in einen Werwolf verwandelt, wird niemand ernsthaft erwarten. Sieben Monde ist eigentlich nur an den Punkten gut, an denen sich der Film das eigene Unvermögen, Spannung zu erzeugen, eingesteht und das ganze Thriller-Gehabe ins Parodistische kippt. Das übernehmen zumeist die Nebenfiguren. Peter Lohmeyer z.B. vernuschelt seine Rolle als Kommissar ungeheuer gekonnt.
Leider ist Sieben Monde nicht konsequent genug, um das selbstironische Konzept, das in einigen Szenen recht erfolgreich betrieben wird, auf den ganzen Film zu übertragen. Stattdessen langweilt uns Peter Fratscher, der sich bisher als Serienkrimi-Regisseur sein Brot verdiente, mit der Inszenierung überschaubarer Spannungsbögen und eiert unentschlossen zwischen Thriller-Ambition und Genre-Parodie hin und her.

Martin Schwickert