»MISSION TO MARS« Design vor Handlung
Brian De Palma guckt sich den Weltraum an Im Jahr 2020 plant die NASA die erste bemannte Fahrt zum Mars. Regisseur Brian De Palma ( Mission Impossible ) kann nicht so lange warten und schickt seine Crew bereits jetzt ins Weltall. Was die Mannschaft auf dem feuerroten Planet erwartet, ist ein Augenschmaus, ein Punktgewinn des Designs vor der Handlung. Die Mission To Mars fängt recht irdisch an: Tim Robbins trägt ein Hawaiihemd aus der Mottenkiste und gibt ein Barbecue für alle Beteiligten. Die Kamera klebt an den Protagonisten, wandert von Partygast zu Partygast und schwenkt gelegentlich rundum. Tim Robbins grillt sorglos eine Bratwurst, Gary Sinise braust mit einem Mega-Schlitten an. Erinnerungen an die endlos ungeschnittenen Eingangsszenen von Fegefeuer der Eitelkeiten und Spiel auf Zeit kommen auf. Aber De Palma bremst sich nach vier Minuten. Ein vollkommen neuer De Palma beginnt: Ein Science-Fiction-Blockbuster, ein Kammerspiel im All, eine spekulative Lehrstunde - und die wird sehr unterhaltsam. Der Grund: Alles geht schief. Die "Mars 1" entdeckt einen merkwürdigen Berg auf dem roten Planeten, peilt ihn per Radar an und wird daraufhin von einem Über-Hurrikan buchstäblich verschlungen. So katastrophal der Sandstrudel, so sonnenklar die Überlebenschance für wenigstens ein Crewmitglied. Mit letzter Energie sendet Don Cheadle eine Nachricht an die Raumstation. Tim Robbins, Gary Sinise, Connie Nielsen und Jerry O'Connell machen sich zur Rettung startklar. Nach ein paar dramaturgischen Hängepartien kommt der Film nun richtig in Schwung. Das Raumschiff der Retter erleidet Schiffbruch, die Crew schwebt mutterseelenallein im All, Robbins stirbt den Heldentod, der Rest kommt wundersam auf den Mars an und steckt als ersten Akt die US-Flagge richtig in den Boden. Ordnung muss sein. De Palma spart bis hierhin mit gigantischen Spezialeffekten. Er zielt auf die menschlichen Qualitäten seiner Protagonisten, besonders auf ihre Ängste in der ungewohnten Umgebung. Die Nahaufnahmen registrieren Verzweiflung statt Heldentum. Connie Nelsen macht ihre Aufgabe am besten, während Jungstar Jerry O'Connell mit einigen Szenen überfordert ist, auch ein Klasseschauspieler wie Sinise guckt gelegentlich dumm aus der Wäsche. Die Effektmagier von Industrial Light and Magic geben sich jede Mühe, ihrem Namen und dem Budget gerecht zu werden. Die beklemmende Geschichte kippt in eine märchenhafte Phantasie von Grellweiss und Aufklärung. De Palma wandert auf einem schmalen Grat zwischen Pseudo-Philosophie und Ultra-Kitsch. Ennio Moricone steuert einen bewegenden Soundtrack bei, es gibt Reminiszenzen an Stanley Kubricks 2001 und einen populärwissenschaftlichen Diskurs auf visuell-olympischem Niveau. Jedes Bild schreit vor Ästhetik. Handwerkliches Können trifft auf ein ambivalentes Handlungsfinale. Die Mission To Mars ist perfekt-seichte Unterhaltung, die mit der ewigen Frage spielt: Was wäre wenn? Der Zuschauer mag die hier angebotene Antwort für sich beurteilen.
Ulf Lippitz
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