Mein Stück vom Kuchen Klassenkampf im Bett Die französische Variante von »Pretty Women« mit bösen Untertönen Als der smarte Börsenmakler Steve von seiner Londoner Finanzfirma zurück nach Paris beordert wird, stellt er France als Putzfrau für sein geräumiges Luxusapartment ein. Mehr als zwanzig Jahre hat France als Fabrikarbeiterin in einem Werk in Dünkirchen gearbeitet, bis ihr Job in dem kriselnden Unternehmen abgewickelt wurde. Nun hat die alleinerziehende Mutter ihre Kinder unter der Obhut der Schwester in Dünkirchen zurückgelassen, um in Paris als Reinigungskraft ihr Brot zu verdienen. Mit der Zeit bekommt die zur Schau getragene Arroganz ihres neuen Arbeitgebers einige sympathische Brüche. Als seine Ex bei ihm ihren gemeinsamen Sohn für ein paar Wochen abliefert, ist der coole Finanzjongleur sichtlich überfordert. France wird kurzerhand von der Haushälterin zum Kindermädchen befördert, und allmählich kommen sich der Broker und die Putzfrau über alle Klassengrenzen hinweg näher. Als Babysitterin begleitet sie ihn nach London und sitzt als "Russin" getarnt sogar beim Geschäftsdinner an Steves Seite. Mit der amourösen Annäherung in der luxuriösen Hotelsuite spielt der Film gezielt mit den Aschenputtel-Klischees, um sie dann umso effektvoller zur Explosion zu bringen. Denn nach gemeinsam verbrachter Nacht erfährt France, was das Publikum schon längst weiß: Es war Steve, der mit ein paar gezielten Spekulationen das Unternehmen, für das France ihr halbes leben lang gearbeitet hat, in den Abgrund stürzen ließ. Als wilde Mischung zwischen Pretty Woman und Ken Loach hat Cédric Klapisch (Barcelona für ein Jahr) seine Sozialkomödie Mein Stück vom Kuchen angelegt. Immer wieder setzt er in kontrastreichen Parallelmontagen die Diskrepanz zwischen den Welten seiner beiden Hauptfiguren in Szene. Hier die elegante Designer-Wohnung, dort das enge Arbeiterreihenhäuschen. Edelrestaurants auf der einen, Discounter-Fast-Food auf der anderen Seite. Cédric Klapisch malt die sozialen Gegensätze plakativ, aber trotzdem differenziert aus, und für einen kurzen Moment glaubt man sogar an die Möglichkeit der punktuellen Annäherung zwischen den Welten. Aber bevor sich das schale Gefühl der Versöhnlichkeit einstellt, wird France auf einen verzweifelten Rachefeldzug geschickt, der die klassenkämpferischen Positionen wieder klärt. Klapischs Melange aus typisch französischer Liebeskomödie und wütendem Sozialpamphlet funktioniert über weite Strecken sehr gut, was vor allem der hervorragenden Karin Viard zu verdanken ist, die ihre Figur sehr feinfühlig austariert. Nur in dem allzu offen geratenen Schlussbild offenbart sich dann doch eine gewisse Ratlosigkeit des Regisseurs, der verständlicherweise keinen zufrieden stellenden Ersatz für das zerstörte Happy End finden kann. Martin Schwickert Ma Part Du Gateau F 2011 R & B: Cédric Klapisch K: Christophe Beaucarne D: Karin Viard, Gilles Lellouche, Audrey Lamy
|