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DESPERATE MEASURES

Auf die Knochen

Michael Keaton darf endlich mal den Bösen spielen

Zum guten Ton eines Action-Thrillers gehört es mittlerweile, Jäger und Gejagten miteinander in enge Beziehung zu setzen. John Woo's Face Off trieb dieses Erzählprinzip auf die Spitze, indem er die Gesichter von Gut und Böse miteinander operativ vertauschte. Auch in Barbet Schroeders neuen Film Desperate Measures werden die Kontrahenten zusammengekettet, bevor sie einander bekämpfen dürfen. Frank Connor (Andy Garcia), Detektive im San Fransisco Police Department, hat ein sehr spezielles Interesse an dem inhaftierten Killer Peter McCabe (Michael Keaton).

Connors Sohn ist an Leukämie erkrankt, und nur eine Rückenmarktransplantation könnte ihn retten. Ausgerechnet McCabe verfügt weit und breit als Einziger über das genetisch-kompatible Material, und da der unberechenbare Massenmörder eine Gelegenheit zur Flucht wittert, stimmt er der Operation zu. Die Sicherheitsvorkehrungen im altehrwürdigen Gefängnishospital sind enorm, aber auch McCabe plant seine Flucht minutiös und entkommt vom Operationstisch. Eine ganze Armada von Sondereinsatzkommandos und Hubschrauberseilschaften versucht den gewieften Sträfling zur Strecke zu bringen. Detective Connor kommt in Gewissenskonflikt und zwischen die Fronten. Denn er braucht McCabe lebend.
Außer seiner recht cleveren Ausgangskonstellation hat Desperate Measures wenig zu bieten. Zu geradlinig sind die beiden Figuren angelegt. Der durchaus ansehnliche Andy Garcia ( Nacht über Manhattan ) als Detektive in Nöten strahlt wie immer als hyperintegrer Gutmensch von der Leinwand herab. Auch Michael Keaton gibt den Bösewicht überraschend eindringlich und genießt es offensichtlich, endlich auch einmal einen "Bad Guy" spielen zu dürfen. Aber den beiden Hauptfiguren wird keine Entwicklung zugestanden - eine tatsächliche Infizierung des Guten durch das Böse findet nicht statt und gerade die hätten die Angelegenheit erst interessant gemacht. Was bleibt, ist solides Effekte-Kino. Mit viel Interesse am Detail wird der Schauplatz Krankenhaus pyrotechnisch in Angriff genommen, Beatmungsgeräte werden zu Flammenwerfern, statt zur Knarre greift der Killer bedrohend zu Spritze oder Skalpell. Die Zuschauer von Schwarzwaldklinik und Emergency Room werden mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen, welch enormes Zerstörungspotential hinter den Mauern eines Hospitals schlummert.

Martin Schwickert