Mavericks

Von Brett zu Brett

Surferfilme sind intellektuell irgendwie nie richtig fordernd

Die Wellen sind gewaltig, die sich in der Half Moon Bay im Norden Kaliforniens aufbauen. Bis zu 25 Meter hoch rollen sie grollend in die Bucht hinein. In ihnen bündeln sich elementare Kraft, Gefahr und Faszination des Meeres. "Mavericks" werden die Giganten genannt, Chasing Mavericks heißt der Film von Curtis Hanson und Michael Apted, dem man wünscht er hätte mehr von der geheimnisvollen Unberechenbarkeit dieser Wellen mit ins Drehbuch einfließen lassen.

Erzählt wird die Lebensgeschichte des Surfers Jay Moriarity, der 1994 im Alter von 16 Jahren auf den legendären Mavericks geritten ist und zum Star der Surferszene aufstieg, bevor er als 23jähriger bei einem Tauchunfall starb. Hanson (L.A.Confidental), der wegen einer Erkrankung während der Dreharbeiten von Apted (James Bond 007 - Die Welt ist nicht genug) im Regiestuhl abgelöst wurde, legt die Surferbiografie als typisch amerikanische Erfolgsstory an, in die eine rührige Vater-Sohn-Geschichte eingeflochten wird. Der fünfzehnjährige Jay (Jonny Weston), dessen alleinerziehende Mutter (Elisabeth Shue) durch Alkoholprobleme und unstete Arbeitsverhältnisse nicht mehr richtig im Leben Fuß fasst, findet in dem erfahrenen Surfer Frosty (Gerard Butler) einen Mentor und Ersatzvater.

Zu seiner kleinen Tochter hingegen kann der bärbeißige Frosty, den es immer wieder hinaus in die Gefahren des Meeres zieht, keine Beziehung aufbauen, wodurch er sich auch zunehmend von seiner duldsamen Ehefrau Brenda (Abigail Spencer) entfremdet. Und so beginnt mit dem Surftraining, in dem es nicht nur um körperliche Ertüchtigung, sondern auch um die Kraft der Kontemplation geht, ein äußerst vorhersehbarer, beidseitiger Reifungsprozess in der Ersatz-Vater-Sohn-Konstellation.

Lebensweisheiten im Kalenderspruchformat werden reihenweise von einem Surfbrett zum anderen telegrafiert. Genau so übersichtlich gestaltet sich die Handlungsstruktur, in der jede Plotwendung mit Vorankündigungen versehen wird, um das Publikum nur nicht zu überfordern. Fällt in einer Szene die zunehmende Blässe im Gesicht der Gattin auf, darf sie in der nächsten ein wenig hüsteln und wird schon wenig später vom Drehbuch final entsorgt.

Die Frauenfiguren werden in dieser Vater-Sohn-Schnulze ohnehin darauf reduziert, bangend am Ufer zu stehen, während die wilden Kerle in ihren schmucken Neopren-Anzügen Leib und Leben riskieren. Warum sie das tun und worin die eigentliche Faszination dieses Extremsportes liegt, können Hanson und Apted nicht vermitteln. Über die alte Western-Erkenntnis, dass ein Mann eben tut, was getan werden muss, kommen die Erklärungsmodelle nicht hinaus. Was bleibt, das sind am Ende einige spektakuläre Aufnahmen aus dem Reich der Riesenwellenreiter, die jedoch für die erlittenen Qualen des einfältigen Gesamtwerks nicht hinreichend entschädigen können.

Martin Schwickert

Chasing Mavericks USA 2012 R: Curtis Hanson, Michael Apted K: Oliver Euclid, Bill Pope B: Kario Salem D: Gerard Butler, Jonny Weston, Elisabeth Shue