»MARRAKESCH« Altklug
Wenn Kinder plötzlich erwachsener sein wollen als ihre Eltern Es gibt eine neue Form des Generationenkonflikts: Gegenüber ihren liberalen Eltern packen die Kinder die Moralvorstellungen ihrer Großeltern aus, ohne den Widersprüchen zwischen Moral und Leben zu entgehen, die bereits diese gespalten hat. Marrakesch verlegt diesen angeblich aktuellen Konflikt in die Zeit der Blumenkinder, wo er vielleicht wirklich stattfand. Wenn die Kinder erwachsener sind als die Eltern, kann man das vielleicht nur "schrecklich verdreht" finden - so ist "hideous kinky" eine Lieblingsphrase von Bea und Lucy, die 1972 mit ihrer Mutter Julia (Kate Winslet) bargeldlos in Marrakesch festsitzen, weil Julia gerade auf der Suche nach sich selbst ist. Ebenso ambivalent erscheint die Faszination, die Marrakesch auf die Reisenden ausübt und die das Publikum mittels ausgedehnter, visueller Schilderung des Lokalkolorits nachvollziehen soll. Entweder wirkt diese Faszination nämlich reichlich antiquiert (wahrscheinlich unbeabsichtigt) oder sie wird mit britischem Humor sarkastisch bzw. kritisch konterkariert, vor allem durch die anderen Hippies, die neben Julia auftauchen. Dies macht die Stärken (leider auch die Längen) des Films aus, der - durchaus aus einer sentimentalen Haltung heraus - verschiedene Perspektiven gegeneinanderhält, ohne Partei zu ergreifen.
Mira Fliescher
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