Maps to the Stars Boulevard der Dämmerung Der Kanadier David Cronenberg ätzt über Hollywood Nirgendwo stänkert man so gerne vor der eigenen Haustür herum wie in Hollywood. Die zahllosen Werke, in denen sich die Filmindustrie selbst ins Visier nimmt, bilden schon längst ein eigenes Genre. Die düsteren Selbstbetrachtungen des zynischen Showbusiness-Betriebes sind Legende und werden nun mit David Cronenbergs Maps to the Stars weitergeführt. Das Drehbuch stammt von Bruce Wagner, der es zwar nie in den Hollywood-Olymp geschafft hat, aber dafür sein Insider-Wissen erfolgreich vermarktet. Mit Cronenberg hat wiederum ein bekennender Outsider die Regie übernommen. Der kanadische Regisseur hat sich nie von den Zwängen der US-Studios vereinnahmen lassen und drehte hier nun zum ersten Mal einen Teil seines Filmes in Los Angeles. Von außen kommt auch die junge Agatha (Mia Wasikowska) in die Stadt der Engel. In der Hand hat sie die filmtitelspendende Karte, auf der die Domizile der Filmstars in Beverly Hills verzeichnet sind. Als der Chauffeur sie fragt, woher sie kommt, sagt sie: "Vom Jupiter". Das klingt besser als "aus der Psychiatrie", wo Agatha ihre letzten Jahre verbracht hat. Schon bald hat sie einen Job als persönliche Assistentin bei der Schauspielerin Havana Segrand (Julianne Moore) ergattert, deren Ruhm mit zunehmenden Alter unaufhaltsam verblasst. Ihre Rettung könnte die Hauptrolle in einem Remake jenes Filmes sein, der ihre Mutter in den fünfziger Jahren berühmt gemacht hat, bevor diese in einem Feuer ums Leben kam. Im vollen Saft seiner Filmkarriere steht hingegen Benjie (Evan Bird), der gerade einmal 13 Jahre alt ist und die Hauptrolle in einem erfolgreichen Kino-Franchise hatte. Er kommt soeben aus dem Drogenentzug und seine Mutter (Olivia Williams) handelt gerade für ihn einen lukrativen Vertrag aus, während der Vater Stafford (John Cusack) als Psycho-Guru mit eigener TV-Show hoch im Kurs steht. Aber als seine verstoßene Tochter Agatha sich wieder aus der Klapse zurückmeldet, fehlt dem Therapeuten jegliche professionelle Gelassenheit. Mit klinischer Kälte blickt Cronenberg in die schwarze Seele Hollywoods, das hier als eine große, dysfunktionale und inzestuöse Familie in Szene gesetzt wird. Die Figuren sind vollkommen korrumpiert von Erfolg, Reichtum und dem krankhaften Verlangen nach Aufmerksamkeit. Zynismus regiert diese Welt. Von Zynikern zu sprechen, ohne selbst zu einem zu werden - das ist eine Kunst, die Wagner leider nicht beherrscht. Er flüchtet sich in die Überspitzung und bestätigt damit das Klischee, dass es bei den Reichen und Schönen in Hollywood noch sehr viel schlimmer zugeht, als wir uns das vorgestellt haben. Julianne Moore rettet den Film punktuell vor seiner eigenen Herzlosigkeit, indem sie die welkende Diva als tragische Figur anlegt, die das Mitgefühl des Publikum einfordert und ebenso schnell wieder verspielt. Cronenbergs unbarmherziger Blick auf die Filmindustrie wirkt auf eine etwas befremdliche Weise veraltet. Da hat Sophia Coppola in Somewhere als anteilnehmende Beobachterin das Sujet sehr viel gewinnbringender erforscht. Martin Schwickert USA 2014 R: David Cronenberg B: Bruce Wagner K: Peter Suschitzky D: Julianne Moore, Robert Pattinson, Sarah Gadon, Carrie Fisher, Olivia Williams, 111 Min.
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