»L.A. WITHOUT A MAP«

Ziemlich falsch verliebt

Der kleine Bruder von Aki Kaurismäki will nach Hollywood und dreht schon mal einen Bewerbungsfilm

Während der finnische Regisseur Aki Kaurismäki mit seinem originellen, minimalistischen Erzählstil auf den internationalen Festivals gefeiert und zum cineastischen Botschafter seines Landes wurde, blieb sein jüngerer Bruder Mika als Regisseur und Produzent eher unauffällig.
Filme wie Reise in die Finsternis , Helsinki - Napoli oder Zombie and the Ghost Train waren international nur mittelmäßig erfolgreich. Anders als der große Bruder ließ sich Mika Kaurismäki nie auf Stil und Genre festlegen und löste sich immer wieder von der tristen finnischen Kulisse.
In L.A. without a Map beginnt die Geschichte auf dem Friedhof einer britischen Kleinstadt und landet bald in der Höhle des Löwen: in Hollywood. Als Bestattungsunternehmer führt der junge Richard (David Tannant) im schottischen Bradford ein unzufriedenes Leben. Die Filmplakate in seiner Junggesellenwohnung künden von Fernweh, und die Schreibmaschine ist der einzige Freund des Feierabend-Romanciers.
Als Richard eines Tages die amerikanische Touristin Barbara (Vinessa Shaw) für einen One-Day-Flirt kennenlernt, ist es um sein Herz geschehen. Die Schöne reist ab und hinterlässt einen hoffnungslos verliebten Totengräber.
Schon bald besteigt Richard das Flugzeug nach L.A., um in der Millionenmetropole nach der Liebe seines Lebens zu suchen.
Barbara, die wie so viele als Kellnerin jobbt und als Schauspielerin groß herauskommen möchte, zeigt sich beim ersten Zusammentreffen äußerst reserviert. Aufstrebende Jungregisseure wie der arrogante Patterson (Cameron Bancroft) scheinen bei ihr bessere Chancen zu haben als naive Bestattungsunternehmer aus dem fernen Europa.
Aber Richard gibt nicht auf und richtet sich in L.A. erst einmal häuslich ein. Planlos treibt durch die chaotische Glitzermetropole, in der alle vom großen Geld im Filmgeschäft zu träumen scheinen.
Mit viel Ironie blickt Mika Kaurismäki auf das Treiben im sonnigen Hollywood: aufdringliche Modefotografen, hektische Skript-Agenten, zynische Produzenten, Barkeeper, die mit dem Drink ihre eigenen Drehbuchentwürfe servieren und Möchtegern-Regisseure, die das Leben als eine Reihe von Kameraeinstellungen betrachten.
Dabei entwickelt der finnisch-amerikanische Filmcocktail durchaus reizvolle Szenen, etwa wenn Vincent Gallo (wieder in einer markanten Nebenrolle) als Lead-Gittarist bei den "Leningrad Cowboys" auftritt.
Insgesamt fehlt L.A. without a Map jedoch der rechte Biss, weil sich Kaurismäki zwischen Business-Satire und romantischer Komödie nicht so recht entscheiden kann.
Mit seiner hoffnungslos konventionell ausgearbeiteten Liebesgeschichte biedert sich Kaurismäki beim Mainstreamkino an und hofft - genau wie seine Protagonisten - vielleicht doch einmal in Hollywood ganz groß rauszukommen.

Martin Schwickert