COLD CREEK MANOR

Landliebe
Mike Figgis versucht sich an einem Thriller

Solche Geschichten kann man schon im Schlaf nachbeten: eine Familie aus der Stadt sucht das Glück auf dem Lande und endet in einer abseits gelegenen Residenz. Knarrende Türen und finstere Blicke der Eingeborenen verweisen früh auf einen Fluch, der über der Immobilie hängt, und die neuen Bewohner marschieren ins Unglück.
Mike Figgis hat nicht den Ehrgeiz, das Genre neu zu erfinden. Er spielt mit den Versatzstücken, legt genüsslich ein Netz an Vorwarnungen aus und führt die Geschichte langsam in ihr unaufhaltsames Finale. Dabei wird der Blutzoll im Vergleich zu Hackepeter-Filmen wie Haus der 1000 Geister gezielt heruntergefahren und auf spiritistischen Humbug vollkommen verzichtet. Figgis entwickelt die Spannung nicht aus der Thriller-Dramaturgie, sondern aus den Charakteren.
Sharon Stone spielt die Karrierefrau, die ihren Job, nicht aber ihre familiäre Machtposition für das Leben in der ländlichen Idylle aufgibt. Die Gefahr geht hier von einem einzigen Mann aus: Dale Massie (Steven Dorff), dessen Familie das Anwesen gehörte, bis die Schafzucht pleite ging und der einzige Nachkomme im Gefängnis landet. Steven Dorff wirft sich mit Verve in die Rolle des verschwitzt-archaischen Bösewichtes, der als Kontrast zu den feingliedrigen Großstädtern eingesetzt wird.
Eines Tages steht Dale Massie im Wohnzimmer der Tilsons, lädt sich selbst zum Essen ein und drängt sich als versierte Fachkraft für die Renovierung des Hauses auf. Auch wenn jeder im Kinosaal und die meisten Figuren auf der Leinwand ahnen, dass das nicht gut gehen kann, ist der Weg ins finale Desaster dennoch recht unterhaltsam.
Die Ausstatter sind um Realismus bemüht, Kamera und Schnitt verzichten auf billige Schockeffekte. Cold Creek Manor ist ein Psychothriller, der mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt. Lange, sehr lange wird die Gefahr nur in den Köpfen des Publikums zusammengesetzt. Wenn sie sich dann konkretisiert, zerstört Figgis allerdings ohne Not seinen filigranen Aufbau und flüchtet sich in ein langatmiges Routinefinale.

Martin Schwickert
USA 2003 R: Mike Figgis B: Richard Jefferies K: Declan Quinn D: Dennis Quaid, Sharon Stone, Stephen Dorff