Magic in the Moonlight

Retro Melange

Woody Allen hat wieder eine nette Ausstattungskomödie gedreht - diesmal mit der großartigen Emma Stone


Das Interview zum Film

Magie spielte in den Filmen von Woody Allen stets eine große Rolle. Mühelos stieg Jeff Daniels in Purple Rose of Cairo von der Leinwand zu Mia Farrow herab in den Kinosaal. Als menschliches Chamäleon lugte Allen in Zelig auf der Führertribüne des Reichsparteitages hinter Adolf Hitler hervor. In einem alten Peugeot wurde Owen Wilson in Midnight in Paris aus der schnöden Gegenwart direkt ins Herz der Pariser Bohème der zwanziger Jahre verfrachtet.

Wenn also Colin Firth zu Beginn von Magic in the Moonlight als fernöstlicher Zauberer einen Elefanten auf der Bühne verschwinden lässt, kann das innerhalb des Allen-Universum nicht wirklich für Erstaunen sorgen. Ungewöhnlicher ist da schon, dass Woody Allen in seiner 45. Regiearbeit fürs Kino die Magie selbst zum Thema macht. Denn in der Garderobe verwandelt sich der chinesische Hexenmeister Wei Ling Soo in den missgelaunten Engländer Stanley Crawford, der jegliche Möglichkeitsformen des Übernatürlichen weit von sich weist, alle Tricks zu durchschauen glaubt und im Nebenberuf spirituelle Scharlatane reihenweise auffliegen lässt.

Davon gibt es in den 1920er Jahren mehr als genug. Als Stanley von seinem alten Freund Howard Burkan (Simon McBurney) an die Côte d'Azur eingeladen wird, um ein weiteres Medium zu enttarnen, geht er mit der Arroganz des realistischen Routiniers an die Arbeit. Die junge Wahrsagerin Sophie Baker (Emma Stone) steht im regen Austausch mit der Welt der Toten, wird von der reichen Witwe des Catledge-Clans als Kommunikatorin zum verstorbenen Ehemann großzügig entlohnt und ist für den Sohn der Familie zum Objekt bindungswilliger Begierde geworden. Wenn sie die Arme hebt, um von ihren mentalen Übertragungen zu berichten, entlockt das Howard nur ein müdes Lächeln. Als sie jedoch ein geheimes Detail nach dem anderen aus seiner Biografie hervorbefördert, beginnt auch der bekennende Skeptiker am eigenen Weltbild zu zweifeln. Ganz zu schweigen von der femininen Aura, deren Anziehungskräfte Howard auf so angenehme Weise irritieren.

Mit großer Beharrlichkeit stellt Woody Allen jedes Jahr einen Film auf die Beine, und ab und zu, wie zuletzt mit Blue Jasmine, ist auch ein Meisterwerk dabei. Magic in the Moonlight gehört sicherlich nicht dazu, sondern eher in die Kategorie Allen'scher Wohlfühlfilme. Unübersehbar versucht Allen hier an seinen größten kommerziellen Erfolg Midnight in Paris anzuknüpfen. Der mondäne Chic der zwanziger Jahre, die Klischees französischer Lebenskunst und die landschaftlichen Reize der Côte d'Azur werden zu einer Retro-Melange verquirlt, in der die Filmgeschichte kräftig mitatmen kann. Wie einst Cary Grant und Grace Kelly in Über den Dächern von Nizza braust das Paar im roten Cabrio über die pittoresken Küstenstraßen der französischen Riviera. In schicker Badetrikotage räkelt sich Emma Stone vor dem azurblauen Wasser fast so keck wie Jean Seberg in Bonjour Tristesse. Sogar vor dem Selbstzitat schreckt Allen nicht zurück, wenn er die beiden vor dem Regen in einem Observatorium Schutz suchen lässt, so wie sich die Liebenden in Manhattan seinerzeit ins Planetarium flüchteten.

Das alles ist ungeheuer nett anzusehen, auch dank der nostalgischen Kameraarbeit von Darius Khondji, der hier auf 35mm-Material und mit alten Cinemscope-Objektiven gedreht hat. Die Story allerdings plätschert etwas zu selbstgenügsam vor sich hin. Der Konflikt zwischen Magie und Realismus wird innerhalb der romantischen Verbindung allzu offensichtlich durchtelefoniert. Zu dem Thema hätte man sich von Woody Allen mehr sophistication versprochen.

Martin Schwickert

USA 2014 R&B: Woody Allen K: Darius Khondji D: Colin Firth, Emma Stone, Marcia Gay Harden. 97 Min.