Mad Circus Melancholie und Krawall In dieser spanischen Horror-Komödie führen zwei Clowns Krieg gegeneinander bis der Zirkus kaputt ist Es beginnt mit einer Zirkusvorstellung 1937. Während die Clowns ihre Späße treiben, stürmt ein ziemlich schlecht gelaunter Kommandant der republikanischen Truppen den Zirkus und verpflichtet alle waffenfähigen Männer zum Militärdienst. Weil die Faschisten vor den Toren stehen, ist nicht einmal für ordentliches Einkleiden Zeit. Und so stürmt in einer der bizarrsten Szenen der Filmgeschichte ein halb in Frauenkleidern steckender geschminkter Clown mit einem Säbel durch die anstürmenden Soldaten und metzelt sich blutig durch die Schergen Francos. Trotzdem wird er gefangen genommen und zur Zwangsarbeit verpflichtet: Mit anderen Gefangenen muss er nach dem Krieg am großen Gefallenendenkmal für Franco arbeiten. Der Clown hat einen Sohn. Und obwohl der noch nie etwas zu lachen hatte in seinem Leben, will er Clown werden, wie der Papa. Also wird Javier ein trauriger Clown, den sein erstes Engagement in einen seltsamen Zirkus führt, wo der beliebte aber cholerische Clown Sergio das Regiment führt. Sergio und Javier sind verliebt in Natalia, die mal mit dem einen, mal mit dem anderen kokettiert. Und das setzt ein Drama in Gang, in dessen Verlauf viel Blut fließen wird. Überhaupt ist Álex de la Iglesia in seinem Film nicht zimperlich: Splatter und Komik wechseln einander ab, ein verrückter Einfall folgt auf den nächsten. So wird Javier indirekt in das Attentat auf Carrero Blanco verwickelt, und einmal darf er sogar Franco in die Hand beißen. Und bei all dem sehr laut inszenierten Krawall fragt man sich, ob diese Geschichte noch als politische Parabel durchgehen möchte oder schon der pure Horror ist. Das Bügeleisen im Gesicht eines Menschen und ähnliche Schauerlichkeiten sind gewiss nicht die üblichen Schauwerte eines Polit-Horrors. Andererseits hat de lglesia viele bezaubernde melancholische Momente in seinen Film eingebaut, der optisch mindestens so überraschend daher kommt wie inhaltlich. Und natürlich findet das große Showdown der beiden Clowns, die inzwischen grotesk verstümmelt und entstellt sind und nur noch Schrecken verbreiten, an und auf dem Denkmal "Tal der Gefallenen" statt, an dem Javiers Vater einst mitgebaut hat. Die langen Gänge unter dem Denkmal enthalten Tausende von Totenschädeln. Javier tritt wütend gegen ein paar und sagt: "Hier liegen sie alle, Faschisten wie Rote, im Tod alle beieinander." Und dann geht er los und will Rache, und das ist alles so sinnlos wie dieses Denkmal und die tausend Tode, denen es seine Existenz zu verdanken hat. "Balada triste de trompeta" (Originaltitel) ist einer dieser Filme, die mit "gut" oder "schlecht" nicht zu fassen sind. Die Geschichte der mit Messern und MPs amoklaufenden Clowns ist verstörend, blutig, traurig, packend und letztlich vollkommen schräg. Wer gute Magennerven hat, wird mit einem Film belohnt, dessen Erzählstruktur und Optik ihn zu einem herausragenden Filme des Kinojahres machen. Thomas Friedrich Balada triste de trompeta Sp/F 2011 R & B: Álex de la Iglesia K: Kiko de la Rica D: Carlos Areces, Antonio de la Torre, Carolina Bang
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