»MAD CITY«

Hundstage

Costa-Gavras als Satiriker? - nö

Fernsehen in Amerika, immer wieder ein beliebtes Thema. Die Kriege sind Quotenfragen, Praktikantinnen auf den Knien brachten in den News und Talkshows Begriffe und Sexpraktiken in die Wohnstuben der Amis, die in Soaps und TV-Spielen niemals vorkommen dürfte. Die Nachricht ist die Nachricht, und ihr ist alles erlaubt. So kommen Journalisten viel herum: Vom Papst-Besuch auf Kuba zurück nach Washington, wo der Präsident angeblich einen Nebenjob als Dauerlutscher zu vergeben hatte, weiter in die Wüsten Saudi Arabiens, wo's direkt gegen die bösen Araber gehen sollte (was CNN aus der permanenten Quotenkrise geholfen hätte, weshalb der Sender die Kriegsvorbereitungen besser gesponsert hatte als das Verteidigungsministerum), nu' erst mal wieder nach Washington, vielleicht demächst nach Israel...
In der Medien-Satire Mad City hat Reporter Dustin Hoffman es wenigstens nicht weit; die Nachricht passiert vor seinen Augen: Ein Museumswärter (John Travolta) rastet eines schönen Tages aus, weil er gerade seinen Job verloren hat. Er nimmt sich ein paar Kinder als Geiseln und stellt seine Forderungen ("Ich will meinen Job zurück!" Praktischerweise wird ein Fernsehreporter (Dustin Hoffman) Zeuge der Geiselnahme. Der wittert sogleich eine heiße Story und die höchsten Einschaltquoten. Exklusiv führt er Liveinterviews mit der armen verwirrten Seele. Und siehe, die Nation scheint Mitleid mit dem Ex-Museumswachmann zu haben, auch wenn der mit einer Pumpgun seinem früheren Arbeitskollegen ein häßliches Loch in den Bauch geschossen hat. Aber der Reporter ist ein geschickter Manipulator, er weiß, wie man das Fernsehvolk mit den richtigen Bildern beeinflussen kann. Daß diese Meinung aber sehr schnell wieder umkippen kann und daß aus einem Working Class Hero in den Augen der Zuschauer ziemlich flott wieder ein blutrünstiger Killer werden kann, davon soll dieser Film handeln.
In Wahrheit tut er das nicht. Denn Mad City ist so durchschnittlich in Szene gesetzt, daß jegliche Kritik an den Medien und der Gesellschaft, die diese Auswüchse konsumiert, wie ein laues Lüftchen daher kommt. Da war doch was? Ach ja, das Fernsehen ist scheiße. Sowas aber auch. Daß dieser Film so daneben geraten ist, erstaunt umso mehr, da der Regisseur Costa-Gavras ja nicht gerade ein Leichtgewicht ist. Und so macht er sich den guten Ruf, den er u.a. mit Z und Missing zu Recht erworben hat, mit diesem schlaffen Machwerk leichtfertig kaputt. Hier war so ziemlich jeder indisponiert, der mit diesem Film zu tun hatte. Der Drehbuchautor (sein Erstlingswerk), der wohl nächtelang Hundstage und Network von Sidney Lumet gesehen haben muß und anscheinend nichts daraus gelernt hat. Die Schauspieler (einzige Ausnahme: Alan Alda als supercoole Quotenhure wirklich überzeugend), allen voran Dustin Hoffman der wieder mal beweist, daß er niemals mehr zustande bringt als eben Dustin Hoffman zu sein. Und zuguterletzt Costa-Gavras, dessen platte Inszinierung allenfalls den Preis "Fernsehspiel des Monats" einheimsen kann.

Mirko Puzic